Wunderbar im Stil und anregend, den Personen nahe zu kommen
Es braucht nicht unbedingt höhere Bildung und reiche Abstammung (auch wenn das
nicht schadet, aber nur als Zusatz), um klug und gewitzt in den 1850er und
folgenden Jahren sein Leben gut voranzubringen. Was uns Jonasson auf seine
unnachahmliche, warme und präzise beobachtende Art und Weise in seinem neuen
Werk überzeugend näherbringt. War es beim ersten Welterfolg noch ein gewitzter
und dennoch naiv auf die Welt zugehender 100jähriger, so ist es hier ein
zunächst junger Mann, der von seinem Vater mehr lernt als auf den Schulen
dieser Welt. Vor allem, was Beharrungsvermögen, "klare Kante" und die
Bereitschaft angeht, für das Seine einzutreten und sich Gegenwind zu stellen,
diesen gar hier und da elegant in "Rückenwind" zu verwandeln.
Und einfach ist das nicht, denn der Graf (aufgrund der Nähe zum König und
überhaupt aus eigener Überzeugung die "wichtigste Person"
Südschwedens zu sein), die Gräfin, deren Familie und was an Mitteln vorhanden
ist, wird gegen den jungen Argot ins Feld geführt werden. Aber, wie gesagt, der
Apfel fällt nicht weit vom Stamm, denn schon Sven Olsson, Argots Vater, weiß
sich konsequent zu wehren.
"Will er damit etwa andeuten, mein Sohn hätte seine Position nicht
verdient?" - "Absolut nicht!", sagte Sven Olsson in einem
Tonfall, der sich nach dem genauen Gegenteil anhörte.
Und dass nun der Graf zunächst, um zu Hause Ruhe zu haben, daran scheitert, den
Schweinebauern Olsson von seinem Gehöft zu vertreiben (Madame Gräfin,
verwöhnt wie sonst noch was, sucht eine Wiese für die Erweiterung ihres
Pferde-Besitzes). Und zwar trocken und kühl scheitert, führt in keiner Form
zur Entspannung. Sondern reizt den Grafen überaus, dem Nachbarn deutlich zu
zeigen, wo der Hammer hängt. Doch wie in den ökonomischen Belangen, es läuft
einfach nicht gut für den Grafen.
Und das überträgt sich ebenso auf die nächste Generation. Denn Argot ist
überaus tüchtig iun geschäftlichen Dingen, kommt als erfolgreicher
"Schwarzbrenner" durchaus auch zu materiellem Wohlstand. Der immer
wieder in Gefahr gebracht wird. Und daneben, ebenso anders als die drei Kinder
des Grafen, die außer Geld ausgeben nicht viel zuwege bringen, lacht dem jungen
Mann auch die Liebe ins und aus dem Herzen.
So können Lesern und Leserinnen mit Vergnügen, aber durchaus auch dahinter
liegenden "ernsten" Erkenntnissen über das, was im Leben trägt und
wichtig ist (seine Möglichkeiten zu entfalten, Liebe zu finden und einen festen
Stand im Leben zu besitzen und all dieses auch mit seinen Talenten zu
verteidigen) und das Neid und Intrigen einfach nicht immer zum Ziel führen.
Und, vor allem, dem eigenen Weg eher hinderlich entgegenstehen.
Fazit
Voller trockenem Humor und sehr präsenten und emotional nahe rückenden
Protagonisten führt Jonasson seine Leser und Leserinnen mit leicht scheinender
Hand (und gerade, weil es so leicht erscheint, ist es mit hoher Qualität in
Stil und Sprache verfasst) durch die verschiedenen Phasen dieser konkurrierenden
Beziehungsgeflechte und trifft durchgehend immer den Punkt mit seinem präzisen
und dennoch bildkräftigen Beschreibungen.
Wobei er keinen Unterschied in der sorgfältigen Darstellung seiner Personen
macht, was Sympathieträger und Unsympathen betrifft. Jede der Figuren rückt
emotional Lesern und Leserinnen nahe, so dass man mitten drin in den Ereignissen
beteiligt ist. Bis dahin, dass der Graf irgendwann "ganz stark das Gefühl
hat, dass er ein, zwei Schlucke aus Apotheker Otterdahls Flasche gegen finstere
Gedanken brauchte".
Im Zuge der Ereignisse, die zu Beginn wirken wie "David (Olsson) gegen
Goliath (den Grafen), sich aber durchgehend als wieder einmal ein Sieg Davids
gegen Goliath eben zeigen werden. Eine wunderbare und überzeugende Lektüre.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 22. November 2024 2024-11-22 15:23:13