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Sarah Schmidt: Seht, was ich getan habe

Seht, was ich getan habe

von Sarah Schmidt
Verlag: Piper Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-86612-435-6

Preis: 5,08 Euro bei Amazon.de [Stand: 09. Mai 2024]
Opfer ja, aber auch Täterin?

"Ich stieß die Tür auf ein Stück auf und dann noch ein Stück, die Zähne in der Birne vergraben. Vater lag auf dem Sofa, er hatte sich nicht gerührt".

Was klar ist, denn Lizzie, die sich gerade in Ruhe eine Birne genommen hat, vorher in Panik fast die Haushälterin zum Arzt ausgeschickt hatte und noch davor ihren Vater mit zerfetztem Gesicht in einem See von Blut auf dem Sofa gefunden hatte, weiß ja Bescheid. Oder nicht? Schon die ersten Seiten packen den Leser, stellen die Frage, die den gesamten Roman gegen über in Spannung halten, verwirren, sich erst langsam zu manchen Klarheiten entwickeln. Ist dieses Kind Lizzie eine Mörderin?

Hat sie ihren Vater kühl "abgeschlachtet"? Ist sie nur Zeugin, Opfer, traumatisierte "Finderin" der Tat? Ist sie klar im Kopf oder fast schizophren, pathologisch gestört? Wechselt sie die Realitäten oder hat einen Plan? In der Realität wurde Lizzie Borden nicht als Mörderin verurteilt, auch wenn starke Verdachtsmomente im Raums standen, es zum Prozess kam und das gesamte Umfeld sie für schuldig hielt. Was aber könnte wirklich geschehen sein?

Sarah Schmidt rollt den Fall, einen der bekanntesten der US-Justizgeschichte, auf. Ruhig in der Sprache und dennoch packend in der Emotion. Und nicht als "Reportage" oder Aneinanderreihung von Indizien "von außen", sondern als innerfamiliäres Drama aus verschiedenen Perspektiven der Verwandtschaft, der Hausangestellten und eines anderen Beteiligten. Mit zunächst unklaren Rollen, mit vielen Fragen, die sich vor dem Leser auftun.

Wobei es nicht lange braucht, bis klar wird, dass Lizzie Borden auf jeden Fall (aber auch vor allem?) Opfer ist. Und nicht das einzige jener damaligen grausamen, harten Familienrealität, die nach außen kaum zu erkennen war. Mit Drehungen und Wendungen innerhalb der Beziehungen, Argwohn und Konflikten, die deutlich vor den Morden bereits ihre Spuren gezogen haben und im Lauf der Lektüre nicht wenige mit Motiven und Möglichkeiten versehen, nicht nur Lizzie.

Nähe und Distanz, Wärme und Kälte, Liebe und Hass, fast alles zugleich oder zumindest in verschiedenen Graden den Alltag prägend, Sarah Schmidt hat sich spürbar vertieft. In den Fall, in die Indizien, in diese Familie und das Umfeld. Und schafft durch vielfach nur Andeutungen, zunächst wenig erklärlichen Verhaltensweisen, eine beklemmende Atmosphäre, die dem Roman (und dem Geschehen) bestens zu Gesicht stehen.

"Ich hätte Fragen sollen, wie viele Fotos brauchen Sie? Wie nah soll ich herangehen? Welcher Winkel führt Sie zu dem Mörder"? das sind die Gedanken, die den Leser in Lizzies Kopf eintauchen lassen, als der Polizeifotograf am Tatort fast überfordert ist, den Kopf des Toten kaum fotografieren kann. Sind das Gedanken einer geschockten, geliebten Tochter? Ist das überhaupt normal?
Fazit
Eine packend erzählte Justizgeschichte, welche die Autorin mit ihrer dichten und den Protagonisten unmittelbar nahen Sprache hervorragend erzählt.
9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne

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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 12. März 2018

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