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Ann Patchett: Die Taufe

Die Taufe

von Ann Patchett
Verlag: Berlin Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-8270-1344-6

Preis: 14,95 Euro bei Amazon.de [Stand: 25. April 2024]
Irrungen, Wirrungen, Versagen und Geheimnisse einer Familie

Sehr lebendig, sehr flüssig und mit großem Wortschatz erzählt Ann Patchett ihre neue Geschichte. Von einer Art "Patchworkfamilie" der besonderen Art, die sich von heute auf morgen einer öffentlichen Wahrnehmung gegenübersieht, die wo wohl keiner der Beteiligten sich gewünscht hätte. Mit einer Vielzahl von Figuren, die Patchett immer ruhig, teils mit wenigen Worten bestens ins Licht rückt, so dass der Leser im Lauf der Lektüre mehr und mehr wie ein Teil dieser, durch einen fast unerklärlichen "Funken der Leidenschaft" auf einer Tauffeier verbundenen, Gruppe von Menschen wird.

Dass Bert Cousins, Staatsanwalt, Vater von 3 1/3 Kindern, verheiratet und überfordert (warum wäre er sonst so ein "Nestflüchter", der selbst am freien Sonntag händeringend nach Möglichkeiten sucht, das heimische "Idyll" hinter sich zu lassen) nicht eingeladen auf einer Tauffeier auftaucht. Dass seine große Flasche Gin den anwesenden Pfarrer fast euphorisch an die wundersame Speisenvermehrung bei Jesus erinnert, dass er zunächst eine Orange nach der anderen in der Küche auspresst, bevor er sich auf Bitten des Kindsvaters und Ehemanns von Beverly auf die Suche nach dem Säugling in den vielen Räumen des Hauses begibt, all das hat bereits in der unausgesprochenen negativen Spannung zwischen ihm und dem Kindsvater und der unausgesprochenen positiven Spannung zwischen ihm und der Frau des Hauses knisternde Elemente.

Die Patchett sehr geschickt bereits durch das Verhalten der Tante des Täuflings, Beverlys Schwester, fast vorwegnimmt. Immerhin, einer Ehefrau gelingt es, ihren Mann rechtzeitig nach Hause zu bugsieren. Der Pfarrer kommt weniger leicht davon und Beverly und Bert werden sich auch noch alleine in einem Zimmer begegnen. Sei es, wie es sei, aus anfänglichem Schock und manchen lebenslangen Animositäten wird aus beiden Familien etwas Neues entstehen. Was durchaus auch seine positiven Seiten hat und die verschiedenen Menschen aus den verschiedenen nun verbundenen Familien ihr Leben lang miteinander verbinden wird. Regelmäßige Treffen eingeschlossen. Was auch düstere Seiten hervorbringen wird und dann, ein Schock für nicht wenige, als Buch veröffentlicht im Raum steht. Eine der Ihren hat ihrem neuen Geliebten eine Menge erzählt. Eine Menge, die dieser zum Bestseller macht.

Was nun? Kann einer einfach das alles öffentlich erzählen? Gibt es einen oder eine Schuldige? Kann man, will man etwas dagegen tun? Fragen, die durchaus eine gewisse Dramatik haben, die sich aber im Buch selbst nicht in entsprechender Form wiederfindet. Trotz der flüssigen Sprache und der Möglichkeiten Patchetts, Dinge auf den Punkt zu bringen zieht sich die Handlung doch an einigen Stellen langwierig dahin. Und beruht auch auf einigen eher unrealistisch Wirkenden Annahmen. Denn warum, bei aller Schönheit Beverlys, sollte ein "Nestflüchter", dem es mit den eigenen Kindern schon zu viel wird, statt einer anregenden und vor allem heimlichen Affäre sich vom Regen in eine gefühlte Traufe begeben?

Wie schon zu Beginn es nicht sonderlich überzeugend wirkt, dass Beverlys Schwester sich fast verzweifelt dem Pfarrer nähert, der nun wirklich keine sonderliche Attraktivität zunächst erkennen lässt. Demgegenüber gut gelungen ist die erkennbare Überforderung der Eltern allen Kindern gegenüber, die von diesen keinesfalls eingestanden werden wird. Eine Vernachlässigung mit Folgen, was zu eindrucksvollen Szenen im Buch ausgearbeitet ist.
Fazit
Insgesamt ein sprachlich sehr ansprechendes Werk mit nicht wenigen wichtigen Themen des modernen Lebens, dass aber durch manche Längen den Leser auch zum Überblättern einiger Passagen animiert.
7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne
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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 11. Juli 2017

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