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Gian Domenico Borasio: Über das Sterben

Über das Sterben

von Gian Domenico Borasio
Verlag: Verlag C. H. Beck [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-406-61708-9

Preis: 17,95 Euro bei Amazon.de [Stand: 28. März 2024]
Ein nüchternes, sachliches und wichtiges Buch

Weder emotional, philosophisch noch abstrakt fachlich legt Gian Domenico Borasio mit seinem schmalen Buch auf gut 200 Seiten einen nüchternen, sachlichen, überschaubaren und dennoch in der Atmosphäre warmen Bericht über jene Kenntnisse vor, die mit dem Sterben zu tun haben.
Was ist der Stand der Dinge? Was können wir alle tun? Wie können sich Menschen auf das Sterben einstellen? Das sind die Kernfragen, denen sich Borasio in kompetenter Weise zuwendet, ohne das Buch fachlich zu überfrachten. Vielleicht mögen manche Leser daher am Ende der Lektüre einen gewissen fachlichen Tiefgang vermissen, gerade aber in der gewählten Darstellungsform bietet das Buch einen höchst öffnenden Zugang zu dieser existentiellsten Frage des Menschen und folgt daher in bester Form den Zielen, die isch Borasio mit dem Buch setzt.

Am Beispiel der Kapitel über Nahtod Erfahrungen wird die Darstellungsweise und die Zielrichtung Borasios exemplarisch deutlich. Auf wenigen Seiten bietet er eben keine ausführliche und mit Fachausdrücken gespickte Zusammenfassung wissenschaftlicher Erkenntnisse, beschreibt aber sehr wohl sachlich das Phänomen an sich völlig zureichend und zieht die für ihn entscheidende Schlussfolgerung: Da Menschen, die eine solche Erfahrung erlebt haben, deutlich weniger Angst vor dem Tod nachher zeigen, ist dies Grund genug, dem Phänomen positiv gegenüberzustehen. (Wer mehr über die einzelnen Punkte Borasios erfahren möchte, der sei verwiesen an ausreichend dargelegte Literaturhinweise im Huge der Anmerkungen am Ende des Buches).
Denn genau dies ist das eigentliche und ausgesprochene Ziel des Buches, welches der Palliativmediziner Borasio aus seiner langjährigen Erfahrung heraus konzipiert: Viele Menschen verhalten sich dem Tod und Sterben gegenüber, selbst wenn sie hoch gebildet sind, erstaunlich irrational. Eine Irrationalität, die aus intensiver Angst heraus entsteht, Eine Angst, die umso stärker sich bemerkbar macht, je weniger der Mensch über das Thema Sterben weiß und je weniger er sich diesem sicheren Erlebnis gegenüber Gedanken gemacht hat. "Angst ist das größte Hindernis für die Kommunikation über und im Sterben und mit der Hauptgrund für leidvolle Sterbeverläufe."

Allein schon seine Einlassungen gegenüber den verbreiteten Fantasien und Ängsten vor einem scherzvollen und leidvollen körperlichen Sterben, denen der Palliativmediziner ruhig entgegnen kann, dass dem körperliche Leiden des Sterbens heutzutage grundlegend begegnet werden kann, nehmen hier einen gut Teil Angst hinfort und können den Blick für eine reflektierte Betrachtung des Sterbens weiten. Wie überhaupt das entscheidende Elemente eines eben nicht-leidvollen Sterbens für Borasio die Kommunikation in vielfältiger Form ist. Zwischen Arzt und Patienten. Innerhalb der Familie. Und auch die innere Kommunikation des Menschen hat eine wichtige Funktion auf dem Weg des Sterbens.
Wunderbar, wie Borasio als Mediziner hier auch den schwer in Worte zu fassenden bereich der Spiritualität mit anführt. Eine übergreifende Spiritualität, die sich nicht auf eine bestimmte Religionsform einengen lässt.

Borasio räumt in unaufgeregter Weise auf mit einem kaum vorhandenen Wissen und vielen angstvollen Fantasien. Wunsch und Wirklichkeit zum Tod legt er statistisch dar und zeigt die Implikationen auf. Welche Betreuungsformen wichtig sind am Ende des Lebens, welche Elemente das Sterben in den Blick rücken. Medizinische Notwendigkeiten gegen Verhungern und Verdursten, was an Problemen alles auftauchen kann und wie man diesen begegnet, was zum Thema Sterbehilfe zu sagen ist aus heutiger Sicht und, natürlich, verweist er mehrfach (und zu Recht) auf die wichtige Funktion der Palliativmedizin im Sterbeprozess. Ebenso aber auch darauf, das ein ständiges Beiseiteschieben des Todes und eine Verlagerung aus der "Lebensmitte" des Zu Hauses und der Familie heraus auf Dauer die Probleme der Angstfantasien nicht lösen, eher noch verstärken wird.
Fazit
Ein ruhiges, beschreibendes, dem Menschen zugewendetes Buch, welches Angst nehmen kann, Wege aufzuzeigen versteht und dem Sterben den letztlich vorhandenen, existentiellen Ort im Leben frei räumen kann, den das Sterben nun einmal (neben der Geburt) hat. Unbedingt empfehlenswert.
10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne

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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 04. Oktober 2011

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