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Guido Knopp: Vatikan: Die Macht der Päpste

Vatikan: Die Macht der Päpste

von Guido Knopp
Verlag: Goldmann Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-442-15007-6

Preis: 4,81 Euro bei Amazon.de [Stand: 27. März 2024]
Das vorliegende Buch von Guido Knopp: "Vatikan: Die Macht der Päpste" bietet gute Porträts der Päpste von Pius XII. bis Johannes Paul II. Jeder Papst wird einfühlsam portraitiert, Prägungen aus der Jugend erläutert. So wird die Tragik des Papstes Pius XII., der den Frieden wollte und während seiner Amtszeit den 2. Weltkrieg und den Holocaust erlebte, deutlich gemacht. Sollte Pius zu den Untaten der nationalsozialistischen und faschistischen Regime, der Judenvernichtung und der Kirchenverfolgung schweigen oder durch zu harschen Protest die dortigen Regime noch mehr reizen und zu schärferen Reaktionen provozieren? Ein furchtbares Dilemma, welcher der Diplomat auf dem Papststuhl nicht gewachsen war. Bis zu seinem Tode prägten ihn Schuldgefühle für sein Schweigen in dieser Angelegenheit. Meines Erachtens war Pius XII. eine tragische Figur in der Papstgeschichte und dies wird in dieser einfühlsamen Kurzbiographie auch sehr gut verdeutlicht. Sein Nachfolger, Johannes XIII. wurde als Reformpapst bekannt, der das 2. Vatikanische Konzil anstieß. Der als "Opapam" verspottete "Übergangspapst" bewegte sehr viel mehr als sein Vorgänger und seine Nachfolger. Paul VI. wird als "Hamlet von Mailand" verspottet und wegen seiner Ablehnung der Anti-Baby-Pille als "Pillen-Paul" verspottet. Ungeachtet seiner Griesgrämigkeit besaß Paul VI. jedoch persönlichen Mut, was in seinem Angebot an die Entführer des italienischen früheren Ministerpräsidenten Aldo Moro deutlich wurde, sich gegen ihn austauschen zu lassen. Der Tod Moros, mit dem der Papst eng befreundet war, traf ihn tief. Kurz darauf starb der Papst, dem Grübeleien und Zweifel nicht fremd waren. Vielleicht zeichnet Knopp ein etwas zu negatives Portrait dieses Mannes, der kein Visionär gewesen ist, wie es sein Vorgänger Johannes XIII. und auch sein Nachfolger, Johannes Paul II. war. Ihm fehlte deren Charisma. Innerkirchlich war er aber eindeutig liberaler als Johannes Paul II., was man daran erkennen kann, dass er den deutschen Theologen Hans Küng seine kirchlichen Thesen vertreten ließ, ohne ihm die Lehrerlaubnis zu entziehen. "Persönl9ich bin ich Papst Paul dankbar, dass er in all den Jahren schützend seine Hand über mich gehalten hat." Ähnlich wie Pius XII. war Paul VI. ein Intellektueller, der unter der Last seines Amtes litt. Stärker als Pius XII. verurteilte er jedoch Unrecht auf der Welt. Den Vietnam-Krieg verurteilte der Papst scharf. "SElten zuvor hat ein Papst sich so nachdrücklich an die Regierenden gewandt und so wenig Rücksicht auf den diplomatischen Stil genommen wie Paul." Darin gleicht er Johannes Paul II., der die Ablehnung des Irak-Krieges gegenüber US-Präsident Bush ebenso deutlich vortrug und auch gegenüber dem kommunistischen Regime in Polen kein Blatt vor den Mund nahm. Doch vor beiden Päpsten kam Johannes Paul I., der nur 33 Tage residierte. Knopp verwendet den größten Teil seiner Darstellung dieses "lächelnden Papstes", die Legende über seine Ermordung zu widerlegen. Es gäbe dafür keine Beweise, der Papst sei schwer herzkrank gewesen und an der Last seines Amtes und an Intrigen im Vatikan zerbrochen, jedoch gäbe es für Mord keinerlei Motive.
Die Bilanz über das Pontifikat des jetzt verstorbenen Papstes Johannes Paul II. kann nur vorläufig sein. Schwerpunkt ist sein Verdienst am Untergang der kommunistischen Systeme und der Gründung der Gewerkschaft Solidarität in Polen. Innerkirchlich wird die Ablehnung der Befreiungstheologie durch den Papst und seine kirchenpolitisch konservative Haltung hervorgehoben. Die Urheber des Anschlages vom Mai 1981 vermutet Knopp in Moskau, nachdem er diesbezügliche Protokolle des Moskauer Politbüros ausgewertet hat. Einen endgültigen Beweis über die Urheberschaft des Anschlages auf den Papst kann Knopp nicht geben. Natürlich fehlen Meilensteine im Pontifikat Johannes Pauls II., die sich erst nach 1997, dem Erscheinen des Buches, ereignet haben, etwa die Tatsache, dass sich Johannes Paul II. für das Schweigen der Kirche gegenüber dem Holocaust entschuldigt hat und sein Bemühen, mit den anderen Weltreligionen in Dialog zu treten wie auch seine Ablehnung des Irak-Krieges. Dies wäre Stoff für eine - wünschenswerte - Neuauflage des Buches. Ob Knopps Prophezeiung, das Konklave küre bei der Papstwahl immer eher das Gegenteil als den gerade verblichenen Pontifex zum Nachfolger und es stehe daher zu vermuten, dass der nächste Papst eher eine pastorale Gestalt sein werde - eine Tendenz, die bei der Betrachtung der Päpste von Pius XII. bis Johannes Paul II. zutraf - auch in der Zukunft wieder zutreffen wird, bleibt abzuwarten.
Fazit
Ein sehr interessantes, spannendes und einfühlsames Buch. Allerdings - und daher gebe ich nicht die volle Punktzahl - wird über die "Macht" der Päpste zu wenig ausgesagt. Auch über Amt und Begriff des Papstes oder die Verwaltung des Vatikan oder seine Geschichte findet sich - auch in der Einführung - nichts. Hier suggeriert der Titel meines Erachtens falsche Erwartungen. Das Buch hätte treffenderweise mit "Päpste des 20. Jahrhunderts" betitelt werden sollen, dann hätte es den Erwartungen des Lesers voll entsprochen. Ansonsten wirklich lesenswert.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne
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Vorgeschlagen von Bernhard Nowak [Profil]
veröffentlicht am 09. April 2005

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