Nina George kam zurück auf das Bücherschiff und erzählt mit »Die geheime
Sehnsucht der Bücher« erneut einen stillen, poetischen, äußerst besinnlichen
Roman geschaffen, der dem Roman "Das Lavendelzimmer" in nichts
nachsteht. Es ist ein Roman der leisen Töne, bei dem der Humor absolut nicht zu
kurz kommt. Stets wird dem Leser ein Schmunzeln entlockt.
Francoise, elf Jahre alt, lebt in ihrer eigenen Fantasiewelt. Ihre Leidenschaft
gilt Büchern und Wörtern, aus denen sie ihre eigenen Geschichten webt. Sie ist
ein kluges Mädchen, das jedes Buch verschlingt, dennoch bleiben viele
unbeantwortete Fragen, die sie mittlerweile nicht mehr stellt, da sie keine
Antworten erwartet.
Leser von »Die geheime Sehnsucht der Bücher« werden wohl kaum überrascht
sein, dass der Kater namens Schiller mit den Nichten und Neffen der
Staubflusenmäuse spielt.
Francoise wächst in der Obhut ihrer Mutter auf. Eines Tages stellt ihr die
Mutter ihren Vater vor, den Francoise jedoch nur als "den Mann"
bezeichnet und dessen Existenz sie lieber ignorieren würde. Zu diesem Zeitpunkt
ahnt sie noch nicht, wie viel sie noch lernen wird. Francoise hat stets das
Gefühl, dass ihre Mutter sie nicht wirklich versteht. Während ihre Mutter sich
in alltäglichen Dingen verliert, ist ihr die Welt ihrer Tochter fern. Auch wird
Francoise von ihrer Mutter stets als Frankie angesprochen, obwohl sie darauf
besteht, Francoise genannt zu werden. Dennoch zögert sie, ihre Mutter ständig
zu korrigieren.
Francoise fühlt sich meist einsam in ihrer eigenen Welt. Eines Tages entdeckt
sie jedoch, dass ihre Mutter ein ganz anderer Mensch ist. Durch die Enthüllung,
dass ihre Mutter eine Schwester namens Camille hat, sieht sie ihre Mutter
plötzlich in einem neuen Licht. Obwohl sie zuvor nichts von dieser Schwester
wusste, begleitet Francoise ihre Mutter in Paris, um Camille zu treffen – und
plötzlich ändert sich alles um sie herum.
Eines Tages erfährt Francoise über das Internet von Jean Perdu und seiner
literarischen Apotheke, in der Bücher als Heilmittel und Medizin für die Seele
präsentiert werden. Diese Idee fasziniert sie, ebenso wie der Mann im Video.
Entschlossen, die Apotheke zu besuchen, bereitet sie einen besonderen Satz vor,
in der Hoffnung, dass sie den Apotheker damit bewegen kann, ihrer Mutter zu
helfen.
Bei ihrer Ankunft auf dem Boot wird sie jedoch zuerst von Pauline, der
Auszubildenden in der literarischen Apotheke, begrüßt. Francoise ist
überrascht, dass solch ein Beruf erlernt werden kann, besteht aber darauf, den
Meister Jean Perdu persönlich zu treffen. Als sie schließlich mit ihm spricht,
kann sie nur den vorbereiteten Satz herausbringen, bevor sie fluchtartig das
Weite sucht. Sie ist überwältigt von dem Mann, der Bücher als Heilmittel
anbietet.
Jean Perdu kehrt mit seiner Apotheke zurück ins Herz von Paris und sieht sich
einer digitalen Revolution gegenüber. Seine Azubine Pauline und die neugierigen
jungen Leserinnen überrumpeln ihn geradezu. Trotz seiner anfänglichen
Naivität und Skepsis lässt er sich auf die Online-Welt ein und präsentiert
seine Medizin in Videos. Diese ungewöhnliche Kombination sorgt für wahrlich
amüsante Momente.
Nina Georges‘ Schilderungen vom Pariser Leben auch in »Die geheime Sehnsucht
der Bücher« wecken die Sehnsucht nach einem erneuten Besuch in der Stadt der
Liebe. Ihre Worte lassen uns in der Geschichte »Die geheime Sehnsucht der
Bücher« zu Hause fühlen und erinnern uns an eigene Erlebnisse. Alles wirkt
vertraut und herzlich. Die Autorin zaubert das einzigartige französische Flair
aufs Papier. Die Straßen und Gassen von Paris, die Nachbarn in der Rue
Montagnard Nummer 27, die Menschen– alles fühlt sich so bekannt an. Diese
Geschichte verdient höchste Anerkennung.
Für die Spannung braucht es nicht viel, denn man möchte von Anfang an wissen,
wie es mit den Figuren weitergeht. Für den Spannungsbogen sorgt die Geschichte
um Francoise. Leser erleben, wie sie sich, ihre Mutter, ihre Familie und ganz
viele neue Freunde kennenlernt. Nina George hat dafür gesorgt, dass beim Lesen
genügend Fragen im Kopf entstehen, um an der Geschichte kleben zu bleiben. Witz
und Humor wurde nicht vergessen, so mancher Situation, so manche wörtliche Rede
zaubert ein Schmunzeln auf’s Gesicht. Wird sich die Liebe und Freundschaft
zwischen einer Frau und zwei Männdern wiederholen wie bei Perdu selbst? Wird
die literarische Apotheke auch mit den neuen Medien Schritt halten? Wird
Francoise zufriedener und wenig mürrischer durch Paris gehen?
Nina George enttäuscht nicht, wenn man sinnliche Romane voller Emotionen und
hinreißenden Gedanken erwartet. Sie bleibt sich treu und schafft ein wahres
Gemälde aus Worten. Zitate-Liebhaber werden viele markante Passagen finden.
Nina George erzählt gefühlvoll und eindrucksvoll, sodass Leser alle Sinne
einsetzen können, sei es beim Essen, den Landschaften oder den Straßenzügen.
Alles wird spürbar, riechbar und schmeckbar.
Fazit
Nina George verdient ein herzliches Dankeschön dafür, dass sie uns mit »Die
geheime Sehnsucht der Bücher« die Fortsetzung der Geschichte von Monsieur
Perdu näher gebracht hat. Der Roman ist eine emotionale und liebevolle
Empfehlung.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 05. Mai 2025 2025-05-05 08:23:26