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Graham Norton: Eine irische Familiengeschichte

Eine irische Familiengeschichte

von Graham Norton
Verlag: Kindler Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-463-40720-3

Preis: 22,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 24. April 2024]
Als Elizabeth Keane nach 20 Jahren in New York zum ersten Mal wieder nach Irland zurückkehrt, hat sie den Eindruck, das Land ihrer Kindheit wäre in ihrer Abwesenheit geschrumpft. Den Haushaltswarenladen der Familie führen inzwischen ihre Cousins. Elizabeth wird den Haushalt ihrer verstorbenen Mutter Patricia auflösen und entscheiden, was mit dem Haus geschehen soll. Als vaterlos aufwachsendes Kind hatte sie sich früher ausgegrenzt und angestarrt gefühlt. Patricias eisernes Schweigen über Elizabeths angeblich jung verstorbenen Vater machte die Sache nicht besser. Auf ihrer Fahrt ins fiktive Buncarragh bei Kilkenny hatte ich kurz die Hoffnung, Elizabeth Beziehung zu Irland könnte nach Patricias Tod enger werden als zuvor.

Rückblenden führen in das Leben von Elizabeths Mutter, die jahrelang - statt wie erträumt zu studieren - ihre eigene Mutter gepflegt hatte und sich danach als einzige Person ohne Partner wiederfand. Ihre Jugendfreunde waren inzwischen alle verheiratet. Doch dann überschlugen sich damals im Ort Gerüchte, dass Patricia überraschend geheiratet hätte und schwanger wäre. Bei ihrer Rückkehr und auch später spricht sie nie darüber, was in ihrer Abwesenheit geschehen ist. Bis heute rücken Elizabeths Onkel und Tante nicht damit heraus, was damals geschehen ist. Dem Geheimnis ihrer Herkunft geht Elizabeth nun in einem verlassenen Haushalt nach, in dem offenbar 40 Jahre lang nichts mehr weggeworfen worden war. Hinterlassene Briefe verraten, dass Elizabeths beste Freundin damals die Idee hatte, eine Kontaktanzeige im Farmers Journal aufzugeben. Rosemary zu treffen, ist für Elizabeth bereits ein Ereignis, eine Frau, die vor 40 Jahren beschloss, kein Mann wäre es wert, ihr Leben für ihn zu ändern. Auf die Anzeige hin muss sich eine Korrespondenz mit dem Landwirt Edward Foley entwickelt haben. Edwards sorgfältig verfassten Briefe klingen seriös. Aus heutiger Sicht erscheint es umso sonderbarer, warum Patricia mit der kleinen Elizabeth wieder in ihren Heimatort zurückkehrte und was sie im streng katholischen Irland zu verbergen hatte.

Elizabeth wird inzwischen eröffnet, dass sie Edwards Haus auf einer abgelegenen Klippe an der Küste geerbt hat, aber nicht das dazugehörende Land. Obwohl sie ursprünglich nur zügig den mütterlichen Haushalt auflösen wollte und schnell wieder nach New York zurückkehren, begibt sie sich in Foleys Heimatort irgendwo bei Cork. Eingeleitet mit den nüchternen Kapitelüberschriften zuvor - jetzt - damals entwickelt sich aus Rckblenden und Begegnungen in der Gegenwart eine verstörend groteske Geschichte, die eher an einen verzwickten Krimi als eine Familiengeschichte denken lässt. Verstörender noch als die Realität finde ich dabei die stringente Logik, nach der die beteiligten Personen handelten. Nur so und nicht anders konnten sie aus ihrer damaligen Sicht handeln. Elizabeth zeigt sich eine völlig veränderte Sicht auf ihre Mutter, unter deren Kontrollzwang sie als Jugendliche gelitten hat. So stark gelitten, dass sie einen Ausweg nur darin sah, Irland ganz zu verlassen.

Auch wenn ich die Nebenhandlung um Elizabeths Sohn und den Schluss zu konstruiert finde, lässt Graham Norton hier starke Frauenfiguren zusammentreffen, deren Tonlage er jeweils exakt und glaubwürdig trifft.
Fazit
Lassen sie sich von den Keanes und den Fowleys überraschen!
9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 28. März 2019

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