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James Runcie: Die Schrecken der Nacht

Die Schrecken der Nacht

von James Runcie
Verlag: Hoffmann und Campe [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Krimi
ISBN-13 978-3-455-60058-2

Preis: 5,44 Euro bei Amazon.de [Stand: 19. April 2024]
Eher Spionagethriller denn Kriminalroman

Vorweg, James Runcie beherrscht die Sprache. Diese Sprache des klassischen englischen Kriminalromans, die ein wenig altmodisch wirkt, das aber in bester Weise. Zudem sind es die kleinen Feinheiten britischer Traditionen (gerade an einem Ort wie Cambridge mit seinen dann weit verzweigt in die Elite der Gesellschaft verlaufenen Linien), die Runcie immer wieder anregend mit einfließen lässt.

Wenn da über einen nach seinem Tod (und vorher war es ja nicht anders) gesagt wird, das man "darüber nicht geredet hat". Warum die Ehe zerbrach und dass die Neigung doch eher an gleichgeschlechtliche "Geliebte" sich orientierte. Diskret, höflich, dem Lauten, dem Gewöhnlichen völlig abgeneigt, das ist die Sprache, die in Cambridge gesprochen wird. Wobei der ermittelnde Polizist, Inspector Keating, durchaus zu dem ein oder anderen deftigen Ausdruck in der Lage ist.

Was soll man auch davon halten, dass einer der Juniorprofessoren, ein "Fellow" des nachts mit drei jüngeren wissenschaftlichen Mitarbeitern immer noch dem alten studentischen Brauch zu frönen gedenkt, als "Free-Climber" markante Gebäude in Cambridge zu erklettern? Und dabei zu Tode stürzt. Nicht, ohne dass einer der Mitkletterer spurlos verschwindet und der andere eher unglaubwürdiges Zeug erzählt, bevor er sich auch von der Bildfläche von dannen macht. Das ganze Anfang um die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts herum erzählt, in der guten, alten, analogen Welt, in der Verdächtige nicht mal schnell geortet werden können. Und da weitere Todesfälle in den Raum treten werden, scheint es doch um etwas Größeres zu gehen, als einen Dummjungenstreich.

Das nun allerdings Sidney Chambers, junger Pastor in einem Nachbarort, unverheiratet, mal schnell drängende berufliche Aufgaben wie Krankenbesuche oder anderes zur Seite schiebt, um ein wenig mit zu ermitteln (auch aufgrund seines guten Drahtes zum Rektor der Universität, wirkt dann doch ein wenig zu schnell und künstlich. Der Beruf des Mannes spielt nur eine nebengeordnete Rolle, wichtiger wird werden, dass auch im Pfarrhaus eingebrochen wurde, ohne dass auf Anhieb klar wäre, ob und was da fehlt. Was im Verlauf der Ereignisse, die recht schnell (zu schnell, zunächst) mit Anwerbeversuchen von Studenten durch internationale Geheimdienste in Cambridge in Zusammenhang gebracht wird, zudem wichtig ist (und dennoch eines der wenigen Motive im Buch ist, das unglaubwürdig wirkt und, tatsächlich auch nervt), ist das Privatleben des Pfarrers.

Denn das ist zunächst alles andere als geklärt, wenn man zwischen zwei, auf ihre Art je anders und doch sehr attraktiv in Chambers Augen noch schwankt. Ein wichtiges Motiv aber deshalb, weil ein Teil der Geschichte im Berlin jener Tage spielt (und dort eine Witwe enger und enger mit Chambers vertraut wird) und die Lösung zumindest einer der Erzähllinien letztendlich mit den Ereignissen dort und einigen sehr düsteren Gestalten auf beiden Seiten der Zonengrenze einiges zu tun haben wird. Wobei vieles bis dahin von Chambers mit zielsicherer Intuition (nicht immer glaubwürdig) bereits aufgelöst oder geklärt worden ist. Insgesamt ein stimmungsvoller Roman, bei dem Leser (was den Tod des Professors angeht) lange nicht Klarheit darüber hat, was denn genau nun wer getan hat und warum es getan wurde. Mit sorgsam skizzierten Figuren und einem Talent, Atmosphären der Zeit und der einzelnen Orte bestens zu vermitteln.
Fazit
Eine anregende, wenn auch nicht in allen Bereichen fesselnde Lektüre.
7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne

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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 24. Mai 2017

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