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Gerhard Falkner: Apollokalypse

Apollokalypse

von Gerhard Falkner
Verlag: Berlin Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-8270-1336-1

Preis: 22,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 28. März 2024]
Berlin, Berlin und das streunende Leben

Es sind die Zeiten Mitte der 80er Jahre. RAF noch hoch aktuell, Kalter Krieg, Berlin, Kreuzberg (aber auch ein kleiner Abstecher nach Amsterdam ist für Protagonisten drin). "Beide waren sie ganz und gar Vertreter dieses neuen Typs junger Männer…… Mit Vorsprung auf die Welt gekommen. Söhne, Erben, Luxusausführungen mit Sonderausstattung".

Die beiden engeren Bekannten des nicht richtig greifbaren Georg Authenrieth, aus dessen Perspektive Falkner dieses "Streunen durchs Leben" jener gesellschaftlichen Gruppe und jener Zeit erzählt. Sex, das Wichtigste. Drogen zudem. Irgendwie "Kunst" sein, das vor allem. In einem Kreuzberg, dass noch ein "dunkles Loch" war. Als die Luft an nicht wenigen Orten in Berlin noch wie ein "von der Braunkohle gesüßter Frühlingstag" war. Als Isabel, Kunststudentin im dritten Semester nach Berlin kommt und Büttner (einer der beiden Freunde) unrettbar sich "verliebt", was vor allem heißt, "Bella" unbedingt "haben zu müssen". Was vergehen wird. Wie so viele Personen im Roman auftreten, ein wenig auch vom Hintergrund erzählt wird, dann aber auch durchaus wieder, teils auf Dauer, teils für Länger, von der Bildfläche verschwinden, wie eben jene Isabel.

"In unserem Leben herrschte damals ziemlich viel Unruhe. Mindestens eben so viel Unruhe wie in den Verhältnissen".

Weswegen Authenrieth auch in Wohnungen anzutreffen ist, deren Schrank nur eine Geheimtür in die nächste Wohnung ist, wo konspirative Treffen stattfinden, wo jeder gegen jeden auch seinen Vorteil such (zumindest auf den oberen Ebenen staatlicher Dienste" und merkwürdige Konstellationen eintreten können, wer sich da mit wem warum trifft. Wobei Falkner den Ton der Zeit pointiert, massiv steigert und in einer bildkräftigen Sprache sondergleichen den Leser emotional hineinnimmt. Wobei man das dann wirklich mögen muss, diese ständigen Sprachbilder, die ununterbrochen weniger den Roman "voranbringen" in Richtung eines roten Fadens, sondern eher in die Breite einer Darstellung des Lebens und Lebensgefühls aus vielfachen Perspektiven in sich trägt.

"Unsere erste Nacht, in einem nach Schlachtschüssel riechenden Hotel in Tischenreuth, voll mit gutmütig blickenden Wanderern". Frauen, Abenteuer, verrauchte Clubs, Szene, wo die Nacht zum Tag wird und die Anerkennung von außen fürs "cool sein" alles an Ziel zu sein scheint, was antreibt. "Ich wollte eine gute Antwort. Die eine, die es herauszufinden galt, die andere, die ich wahrscheinlich zu hören kriegen würde und die dritte, für die ich sie stöhnen sehen wollte".

Nicht immer ist der rote Faden in all dem klar, nicht leicht fällt es, die "Agentengeschichte", die sich im Roman ergibt, mit all den kleineren und größeren Nebenschauplätzen, im Blick zu behalten und insgesamt, bei aller sprühenden Freude an der Sprache, an der Erzählweise, an den ständigen Bildern, die im Kopf entstehen ist auch nicht alles unbedingt von Nöten, was sich in diesem Roman der "Selbstfindung in Berlin" findet.

Und dennoch findet der Roman ein befriedigendes Ende, in dem die vielfachen Handlungsstränge und auch Personen ein sinnvolles Miteinander ergeben. Und in dem vor allem die psychologisch als "corporate identity" angelegten Hauptfiguren ihren, im ersten Teil des Werkes eher nur zu ahnenden, inneren Determinationen deutlich näher gekommen sein werden.
Fazit
Eine andersartige, sprachlich überaus anregende und den Ton der Zeit und der Sttadt zu jener Zeit perfekt treffende Lektüre.
7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne

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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 25. November 2016

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