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Matthias Becher: Otto der Große. Kaiser und Reich

Otto der Große. Kaiser und Reich

von Matthias Becher
Verlag: Verlag C. H. Beck [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Biografie
ISBN-13 978-3-406-63061-3

Preis: 28,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 20. April 2024]
Mit dem ostfränkischen König Otto I. ("der Große", gestorben 973) beginnt die deutsche Geschichte - so zumindest eine geläufige Annahme. In der neueren Forschung wird dies differenzierter und kritischer betrachtet. Dennoch ist die Regierungszeit Ottos sicherlich eine bedeutende Phase der mittelalterlichen Geschichte. 2012 jährt sich die Kaiserkrönung Ottos des Großen im Jahr 962 zum 1050. Mal. Aus diesem Anlass findet nicht nur eine große Sonderausstellung zum Thema Kaisertum in Magdeburg statt, sondern es erscheint mit diesem Werk von Matthias Becher auch eine neue Biographie des Kaisers.

Bereits 2001 erschien eine umfassende Biographie Ottos, verfasst von dem leider bereits verstorbenen Historiker Johannes Laudage. Becher nimmt Bezug darauf und erklärt, dass eine neue Darstellung diese nicht ersetzen soll, aber ergänzen kann.

Becher legt zunächst die Grundlagen der ostfränkischen Geschichte im frühen 10. Jahrhundert dar und geht auch auf Ottos Vorgänger und Vater Heinrich I. ein. Im Anschluss daran schildert er chronologisch/systematisch die Regierungszeit Ottos, beginnend mit den schweren Anfängen, der Durchsetzung seiner Herrschaft, der Revolte seines Sohnes Liudolfs und dem großen Sieg über die Ungarn im Jahr 955 auf dem Lechfeld bei Augsburg. Dieser Sieg sicherte Ottos unangefochtene Autorität im Reich und hat bis in die Moderne für ein positives Geschichtsbild gesorgt. Auch das energische Vorgehen Ottos im Osten des Reiches wird beschrieben, wo er Magdeburg zum Zentrum ottonischer Politik in diesem Raum machte und die Missionierung der Elbslawen zu forcieren versuchte. Otto ließ sich bereits 951 in Italien zum König krönen und erlangte 962 die westliche Kaiserwürde, die bis dahin mit den (nun ausgestorbenen) Karolingern verbunden gewesen war. Becher betont die umsichtige Vorgehensweise Ottos in Italien, was er positiv würdigt (S. 230).

Recht knapp werden die letzten Jahre Ottos beschrieben, bevor Becher den "Tod eines Kaisers" skizziert und anschließend die berechtigte Frage stellt, ob Otto wirklich ein "Großer" gewesen ist. Becher kommt zu einem recht ausgewogenen Urteil und referiert knapp die Forschungsgeschichte zu Otto, den die ältere, nationalgeschichtlich ausgerichtete Forschung gerne in Anspruch nahm. Becher setzt sich im Sinne der neueren Forschung zu Recht davon ab, bejahrt aber gleichzeitig die Erfolge Ottos und seine Beharrlichkeit. Man mag sich freilich im Detail streiten; auch skeptischere Haltungen zu Otto haben durchaus ihre Berechtigung, zumal die "Person" an sich aufgrund der Quellenlage immer recht unscharf bleibt. Becher lehnt berechtigterweise Vorstellungen von einer "Geburtsstunde" der Deutschen ab, da es zu dieser Zeit keine nationalen Kategorien gegeben hat. Becher betont jedoch die Italienzüge als Faktor zum "Wir-Gefühl" im Ostfrankenreich (S. 269f.). Die allgemeine Bewertung der Italienpolitik ist freilich diskussionswürdig, denn diese erzwang nun auch eine fortgesetzte Präsenz im Süden, was nicht unproblematisch war.

Eingestreute Quellenauszüge in deutscher Übersetzung bereichern die Schilderung, die von einer guten Literaturauswahl abgeschlossen wird.
Fazit
Becher hat kein neues Standardwerk zu Otto dem Großen verfasst, bietet aber ein Resümee der neueren Forschung und dies in einer anschaulichen, klaren Sprache. Immer wieder werden Problemkreise der modernen Forschung skizziert, ohne dass dies ermüdend oder aufgesetzt wirkt. Das gut geschriebene Buch, das allerdings m. E. relativ knapp ausgefallen ist, kann daher auch Laien absolut empfohlen werden. Die Lektüre bietet kaum neue Akzente, aber einen guten Einblick in das 10. Jahrhundert und die Anfänge des mittelalterlichen römisch-deutschen Reiches, das aus dem Ostfrankenreich entstand.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne
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Vorgeschlagen von B. Kiemerer [Profil]
veröffentlicht am 24. Mai 2012

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