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Jens Lapidus: Mach sie fertig

Mach sie fertig

von Jens Lapidus
Verlag: S. Fischer [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Thriller
ISBN-13 978-3-502-10194-9

Preis: 2,39 Euro bei Amazon.de [Stand: 25. April 2024]
Der nächste Schwede

Die nordischen Nachbarn erarbeiten sich in den letzten Jahren bis Jahrzehnten eine enorme Briete an Thriller- und Kriminalautoren, von denen Jens Lapidus seit seinem Debüt "Spür die Angst" ein im Stil durchaus anders vorgehender Autor ist. In "Mach sie fertig" kommt diese stilistische und formale Eigenart intensiv zum tragen.

Über weite Strecken des Romans folgt Lapidus zwar hintergründig (kaum wahrnehmbar) einem roten Faden, aber erst im letzten Drittel des Buches wird deutlich, wie die vielfachen Schnipsel, die vielfachen fast nebensächlich anmutenden Ereignisse zusammengehören (und welche der vielen, kleinen Ereignisse keine größere Bedeutung für den Gesamtzusammenhang haben werden, durchaus aber in der Situation wieder etwas beleuchten, was für das Verständnis der Figuren von Bedeutung ist).

Drei Männer stellt Lapidus in den Mittelpunkt der Ereignisse. Den Albaner Mahmud, Ghetto Kind, Bodybuilder, Kleinkrimineller, der nach seiner Zeit im Gefängnis im großen Zusammenhang der Mächtigen der Unterwelt mehr und mehr gezielt in die Fänge der jugoslawischen Mafia verstrickt wird. Niklas, eine ehemaliger Söldner, versucht, im zivilen Leben Schwedens wieder Fuß zu fassen, erträgt die Nähe seiner Mutter kaum, taucht immer wieder innerlich ab in die Zeiten der Gefechte an den verschiedenen Schauplätzen der Welt und sucht (und findet) ein neues Kampfgebiet. Misshandelte Frauen endgültig von ihren jeweiligen Peinigern befreien, generalstabsmäßig geht er diese Aufgabe an, ohne darauf zu achten, dass die entsprechenden Frauen diese Hilfe auf diese Art nicht wollen würden. Und Thomas, Kriminalbeamter. Desillusioniert. Hart. Mit deutlich erkennbar sexuellen Problemen seiner Frau gegenüber befrachtet, innerlich erschüttert von der Unmöglichkeit, durch eigene Kinder sein Familienideal umzusetzen, Tief ruhig und glücklich nur auf dem Schießstand. Und unter Druck, wie seine Frau das Problem durch eine Adoption lösen will.

Drei Männer, die eine Aufgabe suchen. Die innerlich auf dem Weg sind und doch mehr taumeln, denn erkennbar auf ein Ziel zusteuern.

Ein Toter wird gefunden, verstümmelt bis zur Unkenntlichkeit, weder Fingerabdrücke noch eine Identifizierung durch die Zähne sind möglich. Ein Obdachloser, der aber Thomas keine Ruhe lässt. Er verbeißt sich in den Fall und wird dies bereuen. Vordergründig, weil er durch eine geschickte Intrige innerhalb der Dienststelle vom Fall abgezogen und der Verkehrspolizei überstellt wird, hintergründig, weil er durch diese Ereignisse nicht von dem Fall abzubringen ist einerseits und andererseits angeheuert wird von jener Mafia, die auch Mahmud in ihre Fänge genommen hat. Und stellt im Zuge seiner Ermittlungen fest, dass jener Tote durchaus mit der Ermordung Olof Palmes zu tun haben könnte (die auch real bis heute nicht aufgeklärt ist). Wer steckt alles hinter seiner Versetzung und warum soll hier etwa verschwiegen werden?

So beginnen die Fäden sich zu verweben und ein Gesamtbild entsteht langsam, in dem die drei einander völlig Fremden sich gemeinsam verstricken werden.

Jede der Figuren ist intensiv angelegt, bis hin zum Stil, den Lapidus zu jeder Person passend im Buch entfaltet. Stichworte fast nur, Hektik, ständiges Plappern, assoziativ die Sprache und das Umfeld Mahmuds. Zynisch, hart, wortkarg, düster die Sprache und die Erlebniswelt des Polizisten Thomas. Vordergründig gewählt, reflektierend, klar die Gedanken des Soldaten Niklas, hintergründig mehr und mehr in den Wahn abtauchend. In Scheiben erzählt Lapidus auf diese Art seine Geschichte, beständig wechseln die drei Figuren in gleicher Reihenfolge einander im Buch Kapitelweise ab.
Fazit
Intensiv und dicht, emotional hervorragend beschrieben und mit einem intelligent konstruierten Fall, dass ist die eine Seite des Buches, die ein hohes Lesevergnügen in den Raum stellt. Anders als gewohnt, das auf jeden Fall.
Brüche und Perspektivwechsel, sprachliche Stiländerungen am laufenden Band, auf Dauer ist dies aber auch anstrengend und bedarf einer hohen Konzentration, um den Zusammenhang der einzelnen Figuren nicht aus dem Blick zu verlieren. Ein Stück weniger wäre hier mehr gewesen, ab und an das Weiterverfolgen eines Erzählfadens wünschenswert, statt umgehend wieder in die Welt einer der anderen beiden Figuren eintauchen zu müssen. Überwiegend aber ein intensives und spannendes Buch, welches das Lesen auf jeden Fall lohnt.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne
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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 07. Juni 2011

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