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Jyoti Guptara, Suresh Guptara: Calaspia. Der Schwertkodex

Calaspia. Der Schwertkodex

von Jyoti Guptara, Suresh Guptara (Biografie)
Verlag: Rowohlt Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Fantasy
ISBN-13 978-3-499-21454-7

Preis: 3,68 Euro bei Amazon.de [Stand: 25. April 2024]
Nachdem der Brauersohn Bryn Bellyset im ersten Band der Fantasy-Reihe Calaspia. Die Verschwörung einige Jahre lang fern seines Heimatdorfes Wenfeld in Quiveldea bei den "Aposteln des Verstehens" unterrichtet wurde, ist nun im Staatenbund Calaspia für ihn eine besondere Rolle vorgesehen. Calaspia wird durch geheimnisvolle Feinde von außerhalb des Landes, durch einen sich in der Gesellschaft abzeichnenden Werteverfall und durch das Eindringen des so genanten "Wahnsinns" aus der Geisterwelt bedroht. Der mit magischen Fähigkeiten ausgestattete Imperator Aurgelmir, sein Bruder Rameon, der Thronerbe, und ihre Schwester Peasmi sehen ihre Herrschaft durch einen noch unbekannten Konkurrenten bedroht. Nomidien, ein Teil Calaspias, leidet aktuell unter einer Dürre und fühlt sich vom nördlichen Nachbarn Polgaren bedroht. Eine Gruppe von Loyalisten findet sich zusammen, um den Niedergang des Reiches aufzuhalten und der Unterdrückung der Bevölkerung durch eine kleine Elite Widerstand entgegenzusetzen.

Bryn und sein Kamerad Mittni werden in die Zitadelle des Ritterordens der Culmus Sangui gesandt, um dort in aller Heimlichkeit eine Ausbildung als Elitekrieger zu absolvieren. Die Culmus Sangui sind ein streng hierarchisch gegliederter Orden, in dem man vom Lehrling über den Schüler, zum Paladin, Meister und schließlich Großmeister aufsteigen kann. Ein dezidierter Verhaltens-Codex bestimmt das Verhalten der Lehrlinge in der Zitadelle, die Kampfstärke jedes Einzelnen definiert seinen Rang innerhalb des Ordens. Lady Sarghenta, die mächtigste Frau Calaspias, die schon über 80 Jahre alt ist, gibt den beiden Freunden den letzten Schliff im Fechten und im taktischen Denken. Sie erkennt in Bryn eine besondere Begabung und will gezielt seine Überlebens-Instinkte und sein Urteilsvermögen fördern. Die Schilderung der Beziehung zwischen der greisen Lehrmeisterin und ihren Schülern zeigt, wie die Autoren in den Geschichten um Calaspia sehr viel über den Kopf laufen lassen, von Ereignisse berichten, sie jedoch selten anschaulich darstellen. Sarghenta trägt ihrem Schüler Bryn ihren Stoff vor, anstatt ihn eigene Schlüsse ziehen zu lassen.

Meister Vallon, ein kleinwüchsiger Mann von der Größe eines Säuglings, ist für das mentale Training der beiden Schüler zuständig. Auch er erkennt Bryns Fähigkeiten, schätzt ihn als herausragenden kritischen Kopf ein. Die Waffenmeisterin Tamasan trainiert Bryn und Mittni im Schwert- und Axtkampf. Gemeinsam mit einer Truppe von Räubern, den Raben, vervollkommnen Bryn und Mittni sich schließlich in einem Lager im Amboß-Gebirge im Bogenschießen und im Überleben in der freien Natur. Die Etappen der Ausbildung der beiden Gefährten werden einige Male durch geheimnisvolle Missionen und Kampfhandlungen unterbrochen.

Bryn nimmt inzwischen die Kraft seiner Gedanken wahr, er experimentiert damit, meditiert, und lernt Körper und Geist zu beherrschen. Doch für seine Freunde hat Bryn sich nicht allein zu einem beängstigend guten Kämpfer entwickelt, sie sehen seine zunehmende Reizbarkeit mit Beunruhigung. Bryn zeigt sich in Zweikämpfen außergewöhnlich aggressiv und wird von Visionen heimgesucht, in denen rohe Gewalt herrscht. Bryn empfindet seine besonderen Fähigkeiten und die für ihn vorgesehene Rolle zunehmend als Bürde. Nachdem die Freunde im Laufe ihrer Ausbildung getrennt wurden und jeder für sich gefährliche Abenteuer überlebte, treffen beide schließlich wieder mit Galar dem Zwerg zusammen.

Bryn hat inzwischen neun Jahre lang außerhalb seines Heimatdorfes verbracht. Beim ersten Wiedersehen mit seinen Eltern sieht der inzwischen volljährige junge Mann sich mit den Erwartungen an ihn als Sohn und Erbe eines Brauerei-Imperiums konfrontiert. Es ist an der Zeit, dass Bryn aus einer alten Legende erfährt, wie der Wahnsinn in die Welt gekommen ist, finden die Bellysets.

Nach Bryns Heimkehr wecken die Autoren geschickt die Neugier ihrer Leser auf die Zukunft Calaspias. Inzwischen hat sich Beltued, eines der sechs Länder Calaspias, zu einer durch Piratenüberfälle in ihrer Existenz bedrohte Seemacht entwickelt. Nicht nur Bryn Bellyset wird sich zukünftig mit der anhaltenden Bedrohung des Staatenbundes von außen konfrontiert sehen. Gestaltwandelnde, empathiegesteuerte Waffen werden zukünftige Kämpfe um Calaspia entscheiden.

Der Wiedereinstieg in die Welt Calaspias gestaltet sich ohne Personen-Register unerwartet schwierig. Neue Figuren, Lebewesen, Artefakte und auch Zauber stehen unvermittelt im Raum, ohne dass ihre Eigenschaften oder Vorgeschichte vermittelt werden. Das erste Drittel des Buches erweist sich als sprachliche Holperstrecke mit ungeschickten Formulierungen (schlechte Situation, bittere Geduld, unvorstellbare Kräfte, heimtückische Schicksale, quälende Nostalgie), Floskeln und Füllwörtern. Die Wortwahl ist streckenweise inkonsequent, wenn z. B. ein Schüler im folgenden Satz Student genannt wird und anschließend wieder Schüler. Ein Boot wird von einem Moment zum anderen zur Yacht, ohne dass man erfährt, welche Eigenschaften es zur Yacht machen. Sarghenta beschreiben die Autoren als betagte Dame mit silbergrauen Haaren, die im nächsten Augenblick unvermittelt weiß sind. "Ungenaue Worte sind Absonderungen eines ungenauen Verstandes", sagt Meister Vallon - doch was ist ein ungenauer Verstand?

Im mittleren Teil der Handlung, während Bryns einzelner Ausbildungsabschnitte haben die Autoren deutlich Probleme, Figuren, Schauplätze, Landschaften und Naturereignisse anschaulich zu beschreiben. Die detailreiche Beschreibung phantastischer Artefakte und Zauber gehört nicht zu den Stärken der jungen Autoren. Missionen zu Pferd, auf dem Kamelrücken, durch Wälder, Wüsten und vereiste Berglandschaften absolvieren die Gefährten und ihre Verbündeten in den beiden ersten Dritteln des Buches, ohne sich für die wechselnden Anforderungen auszurüsten und Proviant zu beschaffen. Die Leser erhalten selten Einblick in die Gedankenwelt und Motive der Nebenfiguren und finden außer mit der Hauptfigur Bryn kaum Identifikationsmöglichkeiten. Den Guptara-Brüdern fällt es schwer, außer der jungen Generation in Bryns Alter und den beiden betagten Damen Rosmerte Bellyset und Sarghenta andere Erwachsene zu charakterisieren. Wer nicht jung oder betagt-weißhaarig ist, bleibt in Calaspia konturlos. Die schmächtige Waffenmeisterin Tamasan, woher kommt sie und was brachte sie auf ihren verantwortungsvollen Posten, fragt man sich. Die Übernahme von Errungenschaften der Neuzeit wie Backpulver, Brot aus Weizenauszugsmehl, Puzzles, Sit-ups und die Kenntnis des Adrenalins in eine Epoche der Pferdekutschen und des Schwertkampfes wirkt unreflektiert.

Wie schon im ersten Band wird der politische, gesellschaftliche und religiöse Hintergrund der Gesellschaft Calaspias nur kurz theoretisch gestreift. Wir treffen keine konkreten Personen, die uns die kritisierten gesellschaftlichen Veränderungen (z. B. dass man dem Geld zuviel Bedeutung zuschreibt) miterleben lassen, es wird lediglich darüber berichtet. "Wir erleben den Niedergang der Gesellschaft" - worin erleben wir ihn? Interessen unbekannter Mächte, die diffuse Bedrohung durch äußere Feinde, Begriffe wie Tyrannei und Inquisition bleiben abstrakt und schwer nachvollziehbar.

Ein deutlich geschliffenerer Stil und anschaulichere Beschreibungen lassen die Spannung auf den letzten 250 Seiten des Buches stark anziehen. Die Schilderungen werden detailreicher, die Personen liebevoller gezeichnet, die Logik der Handlung ist nachvollziehbarer und die Sprache ausdrucksstärker als in den Anfangskapiteln. Bryn kehrt von seinen Lehr- und Wanderjahren zurück zu seiner Familie in die vertraute Umgebung seines Heimatorts. Auch die Autoren befinden sich nun anscheinend wieder auf einem vertrauten, von Menschen bewohnten Gebiet, dessen Beschreibung ihnen leichter fällt als die der Welt der Zitadellen und vereisten Bergwelten.
Fazit
"Calaspia - Der Schwertkodex" lässt zu Beginn wenig Begeisterung aufkommen. Im Hauptteil zeigt sich erneut die aus dem ersten Band bekannte Schwäche der Autoren in der anschaulichen Beschreibung der Ereignisse. Die Schlusskapitel lassen Fantasy-Liebhaber eine erfreuliche Wende zu einer detailreichen Handlung miterleben, wie sie auf allen 860 Seiten dieses Fantasy-Romans zu wünschen wäre.
5 Sterne5 Sterne5 Sterne5 Sterne5 Sterne5 Sterne5 Sterne5 Sterne5 Sterne5 Sterne
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 05. März 2009

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