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Eva Herman: Das Eva-Prinzip

Das Eva-Prinzip

von Eva Herman
Verlag: Pendo Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-86612-105-8

Preis: 7,15 Euro bei Amazon.de [Stand: 19. April 2024]
Eva Hermans Buch wurde schon bundesweit zerredet, ehe die Diskutierenden die Thesen der Autorin exakt benennen konnten. Die Thesen im Buch zu orten, ist tatsächlich nicht einfach; denn Eva Herman zäumt das Pferd von hinten auf. Bevor sie zur Sache kommt, setzt sie sich zunächst rechtfertigend mit möglichen und tatsächlichen Kritikerinnen und "dem Feminismus" auseinander. Die hohe Dichte von aktiven Feministinnen in Eva Hermans Umgebung halte ich nicht für repräsentativ. Die Begriffe Feminismus, Emanzipation und Frauenbewegung verwendet die Autorin synonym, polemisch und ohne sie exakt zu definieren. Es fällt ihr auch schwer, die Begriffe Berufstätigkeit, Selbstverwirklichung und Karriere sauber voneinander zu trennen. Mit viel gutem Willen könnte ich ihre Kernthesen beschreiben als "Die Geburtenrate in Deutschland sinkt aufgrund der Berufstätigkeit von Frauen" und "Krippenbetreuung schadet kleinen Kindern.". Beide Thesen belegt die Autorin nicht; beide Thesen lassen sich empirisch begründet widerlegen.

Herman kritisiert die Frauen- und Mütterfeindlichkeit in Deutschland. Doch ihre klischeehaften Urteile über Männer und Frauen könnten von ihren Lesern ebenfalls als Frauen- oder Männerfeindlichkeit verstanden werden. Beim Themenkomplex "Rückkehr von Müttern in den Beruf nach einer Familienpause" vermisse ich die Perspektive des Arbeitgebers und die der Kunden oder Klienten. Ausbildung kostet Geld; und der Verlust einer erfahrenen Mitarbeiterin ist für Betriebe ein Kostenfaktor. Viele Betriebe haben auf diese Situation mit flexiblen Arbeitszeiten und kreativen Betreuungsideen reagiert. Eva Herman wird wohl selbst ungern vor geschlossenen Arztpraxen, Schulen und Handwerksbetrieben stehen wollen, die die Inhaberinnen geschlossen haben, um sich auf die Suche nach einem gut verdienenden Mann zu machen. Auf die Bedeutung des Partners und Vaters bei der Familiengründung und Kindererziehung einzugehen, vermeidet die Autorin. Wer sich zur Zeit gegen Kinder entscheidet, hat meist keinen sicheren Arbeitsplatz und erlebte selbst als Kind, wie alle mühevollen Tätigkeiten vom Bügeln bis zur Kinderbeaufsichtigung an die Großeltern ausgelagert wurden. Es fehlten und fehlen Rollenvorbilder. Daran heute dem angeblichen Karrierestreben der Frauen die Schuld zu geben, finde ich so platt wie polemisch. Italien hat eine der niedrigsten Reproduktionsraten in Europa und die höchste Quote von männlichen Nesthockern, die sich mit 40 Jahren noch von ihren Müttern versorgen lassen. Es muss sich etwas ändern, Frau Herman - in der Erziehung von Söhnen!

Fehlentwicklungen bei Kindern führt die Autorin ausschließlich auf die Berufstätigkeit der Eltern zurück. Glückliche Kinder von berufstätigen Müttern und verwahrloste Kinder, deren Eltern beide ganztags zuhause sind, will die Autorin nicht wahrhaben. Ihre Kritik an Kindergärten und Krippen ist so polemisch wie ihre Beschreibung der elterlichen Motive: hier "rudimentär ausgebildetes Personal" und dort "Mütter wollen ihre Kinder loswerden".

Pointierte Polemik kann Diskussionen anregen. Doch die Vermischung so genannter später Mütter, der Sexualität, dem Paragraphen 218, dem Tragen von Hosen und flachen Schuhen und immer wieder Alice Schwarzer ist mir etwas zu unübersichtlich. Keine Einwände habe ich gegen das Kapitel "Krise der männlichen Rolle in Schule und Beziehung".
Fazit
Im "Eva-Prinzip" habe ich keine Einsichten gefunden, die jungen Paaren bei der Entscheidung für oder gegen Studium/Ausbildung/Familie/Kinder und dem Wer-und-in-welcher-Reihenfolge helfen kann. Beim Spagat zwischen unsicheren Arbeitsplätzen, den Lebenshaltungskosten in Großstädten und den verbesserungsbedürftigen Betreuungsmöglichkeiten für Kinder bietet das Eva-Prinzip wenig Hilfe. Mir fehlen exakte Formulierungen, eine klare Gliederung in Fakten, Schlussfolgerungen und persönliche Erfahrungen der Autorin, sowie zitierfähige Quellenangaben im Anhang. Praktikable Vorschläge, wie mit verbesserter Beratung, nachbarschaftlichen Netzwerken und der Hilfe durch Mentorinnen junge Familien zukünftig unterstützt werden könnten, habe ich vergeblich gesucht.
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 20. Oktober 2006

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