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Jack Vance: Cugels Irrfahrten

Cugels Irrfahrten

von Jack Vance
Verlag: Fantasy Productions [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Fantasy
ISBN-13 978-3-89064-462-2

Preis: 7,94 Euro bei Amazon.de [Stand: 18. März 2024]
Cugel der Schlaue - einer der seltenen Männer, die von vielen Menschen gekannt und von noch mehr Menschen gehasst wird. Auf seine namensgebenden Irrfahrten (die aus den beiden hier zusammengefassten Büchern "Der lachende Magier" und "Cugel der Schlaue" bestehen) gerät Cugel, der Streuner, Einbrecher und Schwindler auch nicht freiwillig, sondern freiwillig gerät er eigentlich nur in die Villa (und Schatzkammer) des "Lachenden Magiers", Iucounu, und dort bereits unfreiwillig in eine Falle. Iucounu verspricht ihm Vergebung, sofern dieser ihm eine magische Augenschale aus einem entfernten Land besorgt. Als kleine "Motivation" wird Cugel noch ein Stachelparasit über die Leber implantiert und los geht es - hunderte von Meilen entfernt von zu Hause und ohne jede Ahnung von der Gegend... Auf seiner Odyssee nach Hause muss er dabei durch jede Menge Gefahrengebiete und reist dabei durch verwunschene Wälder, verfluchte Wüsten, seltsame Kulturen und seltsame Dörfer, trifft allerlei eigenartige Kreaturen und schließlich reist er sogar durch die Zeit...
Fazit
Mein Gott, was soll man zu solch einem Buch schreiben? Wo fängt man an? Ich fange bei der Hauptfigur an.
Ich versuche, es freundlich auszudrücken.
Cugel ist ein egoistisches Arschloch, unsymphatisch, eindimensional dargestellt, egozentrisch und menschenverachtend, und das ist noch geschmeichelt. Nicht, dass das an sich schlecht wäre - allerdings führt diese Charakterkonstellation gemischt mit dem klassischen Anspruch des fast unbesiegbaren Helden dazu, dass das gesamte Buch eine bloße Aneinanderreihung blasser Episoden bleibt, die immer nach dem selben Schema abgehandelt werden:
Cugel reist herum, trifft Person/Gruppe/Dorf, bleibt etwas, zerstört das komplette Leben aller Beteiligten und zieht weiter. Nur von Zeit zu Zeit wird Cugel hereingelegt, immer von jemand, der noch skrupelloser ist als er selbst, und auch immer dann, wenn Cugel etwas Geld hat. Das Buch ist berechenbar, denn immer, wenn Cugel jemanden trifft, ist dieser in wenigen Seiten entweder tot oder ein Selbstmordkandidat, wenn Cugel dabei Geld erbeutet, ist es in einigen wenigen weiteren Seiten weg.
Der morbide Humor dabei ist teilweise gewollt, teilweise unpassend und meistens noch nicht einmal Humor, sondern einfach nur Freude über Grausamkeit, Spott über Unterlegene - soll das provozieren? Soll das nachdenklich stimmen? Soll es cool sein (Zitat vom Buchrücken: "Cugel ist einer der coolsten Figuren der Fantasyliteratur")? Ganz sicher ist Cugel nicht - glücklicherweise! - der Archetyp für alle Streuner und Diebe des Rollenspiels, wie ebenfalls auf dem Buchrücken versprochen, sondern einfach nur ein glücklicher Unsympath, dessen meist unzusammenhängende Anekdoten auf den über 500 Seiten eine Langweile verströmen, die ihresgleichen sucht. Lediglich eine Passage, die Schiffskarawane in "Cugel der Schlaue" ist ein Lichtblick - die Geschichte gewinnt kurzzeitig an Substanz und die Nebencharaktere gewinnen an Tiefe (im restlichen Buch hätte man sich auch die Namen sparen können und einfach "NC 1, dessen Leben von Cugel zerstört wird", "NC 2, dessen Leben von Cugel zerstört wird" etc. benutzen können). Allerdings bleibt diese Episode nur von kurzer Dauer und Vance fällt schnell in das langweilige Episoden-Abhaken zurück, ohne das Buch dabei sichtlich aufgewertet zu haben. Und selbst diese mit Abstand beste Episode ist schreiberisch weit unter dem, was man von anderen (nicht nur angeblichen) Top-Autoren kennt.
Gegen Ende merkt man, dass Jack Vance irgendwo etwas davon gelesen haben muss, dass sich Figuren in einem Roman weiterentwickeln sollten, und so wandelt sich Cugel anhaltslos von einem rücksichtslosen Mörder in einen düsteren Rächer für die Gerechtigkeit, gibt auf einmal Trinkgeld, anstatt den Gastgeber zu ermorden - anscheinend, damit das kurz danach auftretende Ende, bei dem Cugel alle Ziele erreicht, als Sieg für die Gerechtigkeit oder so irgendetwas wahrgenommen werden soll. Wird es aber nicht.
Ich habe seit Ewigkeiten kein Buch gelesen, bei dem ich so oft darauf gelinst habe, wie viele Seiten es noch sind. Oder, um es mit einem Zitat frei nach Douglas Adams Roman Das Restaurant am Ende des Universums auszudrücken:

"Die ersten hundert Seiten waren die schlimmsten. Und die zweiten hundert Seiten, die waren auch die schlimmsten. Die dritten hundert Seiten waren am allerschlimmsten. Die vierten hundert Seiten haben mir überhaupt keinen Spaß gemacht. Danach habe ich ein bisschen die Lust verloren."

Und das ist wirklich noch freundlich ausgedrückt.
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Vorgeschlagen von Kristian Kühn [Profil]
veröffentlicht am 09. September 2006

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