Nervenaufreibend
Direkt zu Beginn gesagt, überaus flüssig und, trotz
"eingeschränkter" Personenzahl, durchaus mit Tempo voran erzählt
bietet Barnes in ihrem neuen Science-Fiction Roman Spannung und Horror pur.
Zwar ist das Setting alles andere als neu (ein einsamer Ort, von dem man nicht
einfach so fortkommt), ein ominöser "Theatersaal", in dem eigentlich
zumindest scheintote, wenn nicht sogar absolut tote, Personen als Hologramme
sich tummeln und mit Katherine (die unter ihrem Decknamen "Halley
Zwick" auf diesem speziellen Raumschiff für diese unterbezahlte und
ebenfalls spezielle Aufgabe angeheuert hat) mit der jungen Frau wichtiges
versuchen, zu kommunizieren und ein Wesen, einem Albtraum entsprungen, das
zwischen Traum und Wirklichkeit scheinbar unstillbaren "Hunger"
hat.
"Shining" wäre ein Thriller von Stephen King, der ein ganz ähnliches
Setting aufweist und damit sich in eine ganze Reihe solcher Situationen im
Horror-Genre ansiedelt. Und auch wenn die Ereignisse 2232 angesiedelt sind und
auf einem Raumschiff angesiedelt wurden, so ist der Science-Fiction Hintergrund
des Romans durchaus zu vernachlässigen. Denn auch die politische Situation, die
Katherine überhaupt erst in die Flucht vor der Welt getrieben hat, zeigt viele
Parallelen zur aktuellen Lage.
Dabei passt hier aber alles zusammen. Die Geschichte der Katherine, die sie auf
dieses Schiff geführt hat verwebt sich nahtlos mit den Ereignissen jetzt und
hier auf dem Schiff. Dem "Kryonik-Schiff". Riesig und voller, meist
überaus reicher, Menschen, die sich aufgrund lebensbedrohender Krankheiten oder
einfach ihres Alters vor langer Zeit haben einfrieren lassen, um auf den
Fortschritt der Wissenschaft zu warten, irgendwann "aufgetaut" und
geheilt zu werden. Auch in der Realität des Romans aber ist und war diese eine
Illusion. Auch wenn die Stiftung, die diese Technik vor langer Zeit betrieben
hat, noch existiert und die "Elysium Field" auf Kurs durch die
immergleichen Stationen des Alls hält. Über "Auftauen und
"Heilen" wird schon lange nicht mehr nachgedacht, nachdem einige
Versuche in der Vergangenheit furchtbare Ergebnisse gezeigt hatten.
Und nun schwebt Katherine auf dem "Geisterschiff" mit unzähligen (und
lange eingefrorenen Menschen) durch das All. Und mit Karl. Dem Leiter,
Kapitän, Instandhalter und mehr des Schiffes. Den sie persönlich nicht zu
Gesicht bekommt, sondern nur über die Videokommunikation des Schiffes in
Kontakt steht.
Und mehr und mehr verdichtet sich die Gefahr. Zum einen, weil in der
"Außenwelt" ihre Deckidentität bekannt geworden ist und sie damit
rechnen muss, ohne Fluchtmöglichkeit, aufgespürt zu werden. Zum zweiten, weil
Karl nicht alles im legalen Sinne wohl betriebt. Denn warum sonst sind manche
der Gefrorenen nicht an dem Platz, der über den Kabinen für sie ausgewiesen
wurde? Und zum dritten gibt es noch etwas auf diesem Schiff. Etwas hungriges.
Wobei Katherine, aufgrund ihres massiven Schlafmangels und allgemeiner
Erschöpfung nicht unbedingt korrekt zwischen Tagtraum, Nachttraum und
Wirklichkeit unterscheiden kann.
Aber nach anfänglichem Zögern beginnt, die Warnungen der Hologramme in der
Museums-Show des Schiffes ernst zu nehmen. Doch wie kann es sein, dass eine
jahrzehntealte Software ihren Namen kennt?
Fazit
Ein dichter, überaus spannender und mit Schreckmomenten am rechten Platz
verfasster Horrorthriller, der die Lektüre wert ist.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 24. September 2025 2025-09-24 13:55:46