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Hartmut Rosa: Demokratie braucht Religion

Demokratie braucht Religion

von Hartmut Rosa
Verlag: Kösel-Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Philosophie
ISBN-13 978-3-466-37303-1

Preis: 12,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 12. Juli 2025]
Hartmut Rosa, Soziologe von Rang im deutschsprachigen Raum (und nicht Pfarrer oder Kirchenoberer bestimmter Coleur), legt in diesem schmalen Band gewichtige Argumente vor. Nicht nur, dass Demokratie und Religion in engem Zusammenhang stehen, historisch und aktuell, sondern auch, was man an den aktuellen Entwicklungen "weg" von Demokratie und "schnell weg" von Religion an kulturellen Veränderungen und Gefahren ablesen kann.

Mit dem Zentrum, dass das Kommunikative, das Gemeinsame, das Kooperative als Wert nicht nur abstrakt oder theoretisch wichtig zu betrachten wäre, sondern ganz handfest und ganz praktisch jener Kitt sind, der Gesellschaften zusammenhält oder eben, bei Mangel an diesen "Fertigkeiten", Gesellschaften auseinanderdriften, gegeneinanderstehen lässt, Spannungen, Reibungen und Kompromisslosigkeit einander gegenüber zur Folge hat. Und nicht zuletzt sogar das Individuum vereinsamen lässt. Mit erheblichen Folgen für das gesamte Gefüge und alle Menschen des Sozialraums.

Es braucht eine "Resonanz" in der Gesellschaft für die "weichen" Werte der Gemeinschaft, der Kooperation, der Toleranz mitsamt einer klaren Werteentscheidung für diesen, vor allem im Lauf der Geschichte ja religiös geprägten Weg, um eine konstruktive Zukunft überhaupt zu ermöglichen.

Und es waren diese unausgesprochenen Übereinkünfte im Privatleben, im nachbarschaftlichen Umgang, im ehrenamtlichen Engagement, in Vereinen, Parteien, in einer Ethik des Umgangs miteinander als "verbundenen Gesellschaft" inmitten aller unterschiedlicher Lebensentwürfe, die eben auch zu tun haben mit der "Besinnung", dem "Blick auf sich selbst", dem "Gewiesen sein an Gemeinschaft", die durch die christliche Religion prägend für die Zivilisation des "Abendlandes" war.

Auch wenn der Begriff der "Entfremdung" durchaus rein philosophisch und in Teilen atheistisch im Lauf der Geistesgeschichte betrachtet wurde, am Ende stammt das Problem der "Entfremdung" im Kern der christlichen Religion und wird doch grundlegend als Zentrum von "Sünde" begriffen. Mitsamt jener "Freiheit", die ebenfalls christlich für das Individuum postuliert wurde (vor allem in der Reformation) und aktuell zu sehr "ungebunden" verstanden wird. Der "Freiheit von etwas" (von allem, was einem nicht passt) fehlt die religiöse Verankerung eines zugleich "Freiheit für etwas", für das Gestalten einer freiheitlichen Gemeinschaft. In der zwar "alles gestattet ist", theoretisch, aber eben nur verbunden damit, dass "nicht alles zum Guten dient". Erst beides in einem, frei sein für sich und eingebunden sein in eine Gemeinschaft mit allen, hat zu jener freiheitlichen Lebensordnung geführt, die eine stabile Gesellschaft nach dem zweiten Weltkrieg hervorgebracht hat und nun allüberall ins Wanken gerät.

"Klar ist aber auch, dass das Herz möglicherweise nicht hört". Und jene "Resonanz", die das Geistige, das Verbindende, das "Schöne" rufend mit auf den Weg gibt eben nicht wahrnimmt oder sich aktiv dagegen verschließt.
Fazit
Dies führt am Ende zu einer, wie Roa es ausdrückt, "rasenden Gesellschaft im Stillstand". Rasend in den äußeren, technischen Notwendigkeiten und Gelüsten nach materieller Versorgung und Vergnügen, mit einem Stillstand in der "Reifung" und dem "Kooperativen", die inzwischen an nicht wenigen Orten als feindlich gar angesehen werden. Dass ein innehalten nicht in Mode ist, sorgt dafür, dass eine Resonanz nicht ankommen und nicht wirken kann.

Den ganzen Vortrag hält Rosa dabei nicht in giftigem, wertendem oder angreifendem Ton und auch nicht in stillem Bedauern, sondern sachlich, klug und nachvollziehbar. So dass das schmale Buch durchaus, wenn man es in Ruhe bedenken kann, eine Resonanz hervorruft. Und zugleich eine treffende Analyse der Gründe für das zu beobachtende Auseinanderdriften vor Augen stellt.
9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne

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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 09. Juli 2025

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