Willi Vögeli’s Kriminalroman »Kollateralschaden« versetzt die Leser zurück
in die 1980er Jahre, in eine Zeit mit zwei deutschen Staaten, in der die
Staatssicherheit und der Verfassungsschutz einander beobachteten, und in der
Handys noch nicht existierten. Nachdem Wilhelm Beck, ein pensionierter
Kriminalhauptkommissar, aufgrund eines Nervenzusammenbruchs infolge eines Falls
in den Ruhestand trat, eröffnete er eine Buch- und Weinhandlung. Jetzt, da er
sich von seiner Krankheit erholt hat, fühlt er sich ziemlich wohl in seinem
neuen Unternehmen.
Es passiert hin und wieder, dass bekannte Personen an ihn herantreten und um
Unterstützung bei Ermittlungen bitten. Neben seinem Job als Buch- und
Weinhändler arbeitet er als Privatdetektiv. Bei seiner Arbeit erhält er Hilfe
von seiner ehemaligen Kollegin Senta, die nach wie vor für die Polizei tätig
ist. Eines Tages wendet sich auch eine Frau mittleren Alters an Kommissarin
Senta, die ihrerseits dann Beck um Hilfe bittet, die vor Kurzem verschwundene
Tochter zu finden. Da die Polizei den vermissten Fall nicht ernst nimmt, da auch
ein Koffer mit Kleidung aus der Wohnung der Tochter verschwunden ist, wird die
Versicherung der Mutter, dass ihre Tochter nie ohne ein Wort zu sagen
verschwinden würde, von der Polizei ignoriert. Deshalb hat Senta diese Frau an
ihren früheren Chef weitergeleitet. Zu Beginn zögert er, der Mutter eine klare
Zusage zu machen, da die Art von Ermittlungen zu anspruchsvoll für einen
Privatdetektiv wie ihn ist. Um ihre Tochter zu finden, müsste er die Polizei
hinzuziehen. Ohne die Unterstützung seiner ehemaligen Kollegin kann er die
vermisste Tochter nicht suchen.
Alles beginnt recht unscheinbar mit dem Vermisstenfall des Mädchens, doch
schnell wird klar, dass die Suche weitreichendere Konsequenzen hat. Es stellt
sich heraus, dass weitere Frauen auf ähnliche Weise verschwunden sind wie das
Mädchen. Es ergeben sich auch Hinweise, die in eine völlig andere Richtung,
wie das Drogenmilieu, deuten. Beck und sein Freund stoßen eher zufällig auf
ein Drogenlabor, das möglicherweise mit dem Verschwinden des Mädchens in
Verbindung steht.
Während des Kriminalromans »Kollateralschaden« existieren beide deutsche
Staaten, da die Handlung 1983 spielt. Ein Verdächtiger für Beck und seine
Kollegin ist ein Chemietechniker in einem großen Chemiekonzern, der aus der DDR
in den Westen gebracht wurde. Er galt als Dissident in der DDR, wurde im
Jugendwerkhof festgehalten und schließlich von der BRD freigekauft. Dies führt
zu Ermittlungen in Halle an der Saale, wo er sich zwischen den Geheimdiensten
Staatssicherheit und Verfassungsschutz wiederfindet.
Mir hat zunächst die Zeit, in der die Handlung stattfindet, gefallen. Es ist
weder ein historischer noch ein gegenwärtiger Roman, dennoch wird eine
vergangene Ära beschrieben, die man persönlich erlebt hat, die aber heute
nicht mehr existiert. Der Autor hat darauf geachtet, dass die Figuren nicht mit
Handys, sondern lediglich mit Telefonzellen agieren. Die Atmosphäre dieser Zeit
wurde in beiden Teilen Deutschlands, im Westen wie im Osten, angemessen
dargestellt. Die vergangene Zeit in Ost- und Westdeutschland wirkt authentisch
und einfühlsam.
In der knappen Inhaltsangabe oben sind bereits spannende Ansätze in
verschiedenen Richtungen erkennbar. Im Verlauf des Romans nehmen die
Verwicklungen zu, je weiter man in die Ermittlung eintaucht. Die Spannung
steigert sich kontinuierlich, während die Ermittlung immer komplexer wird. Es
ist faszinierend, wie die Charaktere ohne moderne Technologie auskommen und
dennoch überzeugend agieren. Durch die geschickt gelegten Spuren entsteht eine
vielschichtige Handlung mit unerwarteten Wendungen.
Der Roman »Kollateralschaden« entführt die Leser auf eine Reise in die
Vergangenheit, die durch geschickte Dramaturgie und raffinierte
Ermittlungsarbeit überzeugt. Die Charaktere um Wilhelm Beck, den
Hauptprotagonisten, sind glaubwürdig und liebenswert. Sie bilden eine feste
Freundesgruppe, die ihm zur Seite steht, wenn er sie braucht. Nur seine Freundin
ist eine Ausnahme, mit der er momentan streitet und sich bemüht, ein normales
Familienleben aufzubauen. Somit bleibt auch das Privatleben des Ermittlers nicht
außer Acht.
Fazit
Der Roman »Kollateralschaden« macht viel Spaß und ist unterhaltsam. Auch wenn
der Buchsatz (z.B. unterschiedliche Zeilenzahl auf jeder Seite) nicht gerade
perfekt ist, empfehle ich ihn sehr gerne. Er kann ruhigen Gewissens in den
Koffer mit der Urlaubslektüre gepackt werden. Der Urlaub wird umso spannender.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 25. Juni 2025 2025-06-25 07:37:33