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Karine Tull: Diese eine Entscheidung

Diese eine Entscheidung

von Karine Tull
Verlag: dtv [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-423-14882-5

Preis: 13,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 25. April 2024]
Wenn alles mit allem sich ungut vernetzt

"Ich bin die rote Richterin, viel zu links und zu nachgiebig aus seiner Sicht".

Wobei, bei allem "linken" Verständnis, wenn ein Attentäter lebendig gefasst wird, der eine Tragödie zu verantworten hat, ob da nicht besser persönliche Vorlieben schweigen sollten? Vor allem, wenn dieses ständige "Verständnis" nun dazu geführt hat, dass diese Tat überhaupt erst möglich wurde? Und das gar tiefe Spuren im persönlichen Leben hinterlassen hat.

Und doch, so einfach ist das alles nicht für Alma Revel. Die von einer Schwierigkeit in die nächste tappen wird. Wobei Karine Tull weniger ein "politischer" Roman wohl vor Augen schwebte, sondern eher ein Persönlichkeitsbild einer modernen Frau in hoher Position in einer Welt, in der sich alles mit allem vermischt, die Grenzen zwischen "Gut und Böse" bedrängender Weise auch eine Frage der persönlichen Haltung, des "Geschmacks" werden und eigentlich klare Grenzen aufgeweicht werden (wenn eine Affäre mit einem am fall Beteiligtem das berufliche Ethos hinten anstehen lassen)".

Ein Subjektivismus eines "ich will aber", dass beim Leser Alarmglocken auslöst und untereschwellig nicht nur darauf verweist, dass verantwortliche Personen "auch nur Menschen" sind, sondern eine gefühlte Tendenz im Roman sich verdichtet, dass Menschen in "Amt und Würden" sich nicht diesen unterordnen, sondern das eigene Amt nachrangig zu den persönlichen Befindlichkeiten verorten. Mitsamt einem auch im Roman vorkommenden und teils nur schwer zu ertragendem, überaus seichten "es sich schönreden". Um eben den eigenen Impulsen vordergründig moralisch ungestraft weiter folgen zu können.

Und doch ist im Hintergrund auch eine ernste und wichtige Frage der Gegenwart zu erkennen. Denn auch die andre, die "verurteilende" Seite gegenüber den Bedrohungen durch Attentäter und Terroristen schießt gerne über das Ziel hinaus. Ist, einem Rechtsstaat nicht angemessen, ebenso schnell zu Vorverurteilungen bereit, wie es jene "rote Richterin" eben antreibt, ebenfalls aus ihrer Prägung heraus, vielleicht einfach die Zügel zu sehr schleifen zu lassen. Mit unabsehbaren Folgen.

"Mein Vater war ein großer Leser und Anhänger von Foucault, den er häufig zitierte: "es ist hässlich, straffällig zu sein – und wenig ruhmvoll, strafen zu müssen"".

Am Ende aber, bei allen Irrungen, Wirrungen, Höhen und Tiefen der Begleitung der Richterin durch die Seiten des Buches, fällt die Waagschale vielleicht doch in die Richtung, die "Unschuldigen" zentral in den Blick zu nehmen.

"Die Bevölkerung zu schützen heißt, sie auf eine Bedrohung vorzubereiten, die wieder zuschlagen wird".
Fazit
Trotz einiger Längen lohnt die Lektüre dieser beiden grundlegenden Fragen, wieweit sich persönliches mit amtlichen doch immer wieder vermischt 8und welche Folgen das auch über die eigene Person heraus hat) und wieweit das aktuelle Recht samt dem starken Schutz des Verdächtigen zunächst mit der Realität zur hemmungslosen Vernichtung anderer verträgt.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne

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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 25. Februar 2024

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