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Louise Erdrich: Der Club der singenden Metzger

Der Club der singenden Metzger

von Louise Erdrich (Biografie)
Verlag: Suhrkamp Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-518-45750-4

Preis: 2,09 Euro bei Amazon.de [Stand: 19. April 2024]
Johannes Grünberg kehrt aus dem Ersten Weltkrieg nicht zurück. Sein Freund, der junge deutsche Metzger Fidelis Waldvogel, heiratet 1918 Grünbergs schwangere Verlobte Eva. Eine gleichmäßig quadratisch geformte Scheibe Toastbrot - die er glücklicherweise nicht probiert hat - bringt Fidelis auf die Idee, nach Amerika auszuwandern. Mit einem Koffer, der sein Werkzeug und ein paar Dauerwürste nach väterlichem Rezept enthält, geht Fidelis 1922 zunächst allein an Bord der MS Mauretania. In Amerika angekommen, verkauft er nach und nach seine Würste und fährt mit der Bahn soweit ihn der Verkaufserlös bringt. In Argus/North Dakota arbeitet Fidelis mit deutscher Präzision als Metzgergeselle, macht sich schon bald selbstständig und kann Eva und den kleinen Franz nachholen. Im Gesangverein der Honoratioren des Ortes singt Fidelis als Tenor. Eva führt die Geschäfte der Metzgerei, bekommt weitere Söhne und verbreitet in ihrem Haushalt die Atmosphäre von Zimtbrötchen und Häkelspitzen. Ihre Wege kreuzen sich mit denen der Artistin Delphine, die mit einem Wanderzirkus herumzieht. Delphine beginnt in der Metzgerei und im Laden zu arbeiten; als Eva schwer erkrankt, wird Delphine zu ihrer Vertrauten und unentbehrlichen Stütze. Nach Evas Tod kann Fidelis Metzgerei, Haushalt und die Erziehung seiner temperamentvollen Söhne nur mit Delphines Unterstützung bewältigen. Doch wer auf eine romantische Beziehung der beiden hoffte, wird enttäuscht. Noch ist Delphine in eine unerwiderte Liebe zu einem anderen Mann verstrickt. Fidelis ungebärdige Söhne schlagen derweil mit lebensgefährlichen Streichen über die Stränge. Während der älteste Sohn Franz davon träumt, Pilot bei der US-Air Force zu werden, überredet Fidelis Schwester Maria Teresa ihren Bruder, sie mit den beiden jüngsten Söhne zu ihrer Familie nach Deutschland reisen zu lassen. Es kommt, wie es kommen muss: Franz kämpft im Zweiten Weltkrieg auf der Seite der Amerikaner, seine Zwillings-Brüder Erich und Emil als inzwischen überzeugte Deutsche auf der Gegenseite.

Louise Erdrich hat zu einem authentischen Foto ihres Großvaters Ludwig von 1912 mit Fidelis Waldvogel einen fiktiven Charakter geschaffen, der die Generation deutscher Auswanderer in der Zeit vor der Weltwirtschaftskrise repräsentiert. Es fällt schwer, sich unter dem Namen Fidelis einen kräftigen deutschen Metzger aus Süddeutschland vorzustellen. Der junge Fidelis ist ein gefühlvoller Familienmensch, deutlich geprägt von den Vorstellungen seiner Zeit, wie ein Mann zu sein hat. Doch diese Vorstellungen stehen seinem persönlichen Glück immer wieder im Weg. Die zuverlässige Delphine erfüllt gerade so eben noch die Anforderungen, die in Argus an einen respektablen Lebenswandel gestellt werden. Von Erdrichs weiteren Gestalten, ihren Schnorrern, Trödlern, Schnapsschmugglern, Barnstormern und Bestattern kann das nicht behauptet werden. Fidelis Waldvogels preußisches Pflichtgefühl und Qualitätsdenken bedient die üblichen Klischees vom effektiven Deutschen. Die Autorin setzt diesen Klischees schräge Streiche mit Schlachtabfällen, einen unappetitlichen Mord und die sehr deutliche Schilderung von Krankheit, Tod und Sexualität entgegen.

Die gebundene Ausgabe erschien unter dem Titel Der Gesang des Fidelis Waldvogel
Fazit
Wer Sinn für die schrägen Aspekte in Erdrichs Familienepos hat, wird auf 500 Seiten gut unterhalten.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 01. September 2007

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