Die politischen Ränder erstarken und demokratische Institutionen geraten unter
Druck. Kaum ein Politiker oder eine Politikerin spaltet die öffentliche Ansicht
mehr als Björn Höcke. Der Shootingstar der Thüringer AfD gilt bei den einen
als Hoffnungsträger, bei anderen hingegen als Hassfigur. Keine leichte Aufgabe
also, der sich Frederik Schindler mit dem vorliegenden Buch stellt, erst recht,
weil er als Journalist für die Art von Medien schreibt, die Höcke -vorsichtig
gesprochen- kritisch betrachtet. Gelingt es also, der interessierten Leserschaft
Björn Höcke näher zu bringen?
Der erste Teil des Buches widmet sich dem Weg Höckes. Seine Kindheit als Sohn
einer ostpreußischen Vertriebenenfamilie prägt ihn bereits früh. Aus seinen
Sichtweisen macht er selten ein Geheimnis. Das gilt sowohl für sein Privatleben
wie für seine erste berufliche Laufbahn als Lehrer. Während er im Kreise des
Kollegiums für Unruhe und Widerstand sorgt, ist er bei Schülern sehr beliebt.
"Björni", wie er in Schülerkreisen genannt wird, ist nicht nur einer
der Lieblingslehrer, sondern auch gewählter Vertrauenslehrer. Schlussendlich
kehrt er der Schule den Rücken und entscheidet sich für die professionelle
Politik.
Spätestens hier muss er sich nicht mehr zurückhalten. Sein Weg führt
zunächst auch in der AfD, seiner politischen Heimat, zu Widerstand. Nach und
nach ändert sich das jedoch nicht nur aufgrund seiner Erfolge, sondern auch an
seinem unbedingten Willen zur Macht. Im letzten Teil des Buches werden die
politischen Weggefährten näher betrachtet (Wem Höcke vertraut). Parteiinterne
Kritiker kommen zu Wort, darunter auch solche, die ihre Sicht auf Höcke
sukzessive verändern (wie beispielsweise Alice Weidel).
Fazit
Wer den umstrittenen Politiker Björn Höcke näher kennen lernen möchte, dem
sei das vorliegende Werk von Frederik Schindler durchaus empfohlen. Zwar stoßen
die Bemühungen des Autors, Björn Höcke auf spezifische Fragen zu Antworten zu
bewegen, häufig ins Leere, dennoch gelingt dank gründlicher Recherchen im
Umfeld des Politikers und aufgrund der Quellenlage ein inhaltlich rundes und
geschlossenes Bild. Höckes Schweigen - auch eine Form der Kommunikation.
Der letzte umfassende Teil des Buches dient der Beschreibung der Weggefährten
des Rechtsextremisten. Dies erlaubt einen detaillierten Einblick in die
völkisch-nationalistische Szene der AfD. Der Bezug der beschriebenen
Protagonisten zu Höcke ist zwar klar, gerät in den Schilderungen jedoch hier
und da ein wenig "unter die Räder". Dieser Part hätte aus meiner
Sicht kompakter ausfallen können.
Klar wird: Die extremistischen Botschaften Höckes werden unverblümt in die
Öffentlichkeit getragen und finden ganz offensichtlich Zustimmung. Aufgrund des
historischen Backgrounds ist das beunruhigend und zeigt, welch hohes Maß an
Aufklärung und demokratischer Überzeugungsarbeit besteht.
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 07. November 2025 2025-11-07 11:57:01