Ein Buch über das Bundesverfassungsgericht und dazu noch von einer Juristin
geschrieben? Da werden viele erst einmal ein eher fachbezogenes und im
"Juristendeutsch" verfasstes, daher schwer allgemeinverständliches
und inhaltlich sprödes Werk erwarten. Weit gefehlt! Die ehemalige
Verfassungsrichterin Susanne Baer zeigt, dass es auch anders geht. Dem
Nicht-Juristen, also dem "einfachen" Bürger, die höchste deutsche
Entscheidungsinstanz in Verfassungsangelegenheiten näher zu bringen, macht sich
die Autorin mit dem vorliegenden Werk zur Aufgabe. Nicht zu Unrecht verweist sie
darauf: Die Verfassung geht uns alle an! Mit anderen Worten: Ein Buch für uns
alle - denn es geht um unsere Grundrechte, um unsere Freiheit, nicht zuletzt um
den Schutz der Demokratie!
Inhaltlich geht es um eine allgemein interessante und gut verständliche
Darlegung, welche Rolle das höchste deutsche Gericht als Hüterin unserer
freiheitlich-demokratischen Grundordnung spielt. Dabei geht es nicht nur um den
Ablauf eines Verfahrens und die sich hieraus ergebende Rechtsprechung, es wird
detailliert geschildert, wie in den Senaten und Kammern gearbeitet und
entschieden wird. Ziel ist es stets, dass die Richter möglichst zu einem
Konsens gelangen und einstimmig entscheiden; das gelingt nicht immer, ist aber
dennoch der Regelfall. Klar wird auch, welche Voraussetzungen erfüllt sein
müssen, damit eine Beschwerde zugelassen wird. Das Bundesverfassungsgericht
entscheidet endgültig und setzt in seiner "Schiedsrichterfunktion"
rote Linien (daher der Titel des Buches). Dies wird anhand konkreter Fälle
eindrucksvoll unterlegt.
Fazit
Die Lektüre des vorliegenden Buches war für mich erhellend und hat den Blick
auf "Karlsruhe" in klares Licht gerückt. Susanne Baer beeindruckt
durch ihre ruhige und verständliche Art zu erklären ebenso wie durch ihre
innere Klarheit und ihr tiefes demokratisches Verständnis. Als ehemalige
Verfassungsrichterin schreibt sie mit großer fachlicher Autorität, aber ohne
Pathos. Ihre Überzeugung: Das Gericht ist fester Bestandteil demokratischer
Gewalten(ver-)teilung, die unabdingbar ist und nicht zur Diskussion gestellt
werden kann. Kritisch ließe sich allenfalls anmerken, dass Baers
Argumentationen in weiten Teilen (verständlicherweise) institutionenzentriert
ausfallen und an der ein oder anderen Stelle fast ein wenig lehrbuchhaft
erscheinen.
Nichts desto trotz: Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um ein absolut
lesenswertes Plädoyer für die Rechtsstaatlichkeit, in dem das
Bundesverfassungsgericht eine hervorragende Stellung als juristische und nicht
zuletzt auch als moralische Instanz einnimmt!
Vorgeschlagen von Dietmar Langusch
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veröffentlicht am 07. November 2025 2025-11-07 11:56:03