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Helen Endemann: Todesstreifen

Todesstreifen

von Helen Endemann
Verlag: Rowohlt Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Jugendroman
ISBN-13 978-3-499-21841-5

Preis: 14,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 24. April 2024]
Der 15-jährige Ben ist mit einer westdeutschen Sportlerdelegation zu einem deutsch-deutschen Freundschaftswettkampf in Ost-Berlin. 1985 war Deutschland noch geteilt, für Reisen in die DDR und nach Ost-Berlin brauchte man einen Reisepass. Die Organisation des Treffens muss für die westdeutschen Betreuer aufwendig gewesen sein – und entsprechend nervös war der begleitende Trainer aus West-Berlin bei der Einreise. Als einziger Leichtathlet in seinem Jahrgang kennt Ben kaum jemanden aus der Sportler-Gruppe. So fällt es zunächst nicht auf, als Ben bei einem Trainingslauf direkt von der Trainingsstrecke von drei Jugendlichen entführt wird. "Der Kleine hat Westklamotten an", schallt es ihm entgegen – und Bens erster Gedanke ist, dass die Truppe sein T-Shirt abziehen will. Doch bald wird klar, dass Marc, der Ben verblüffend ähnlich sieht, in der Rolle von Ben in den Westen flüchten will. Für Ben wird das ungute Gefühl plötzlich Realität, das seine Mutter stets mit Reisen in die DDR verbunden hat. Marc hatte den Drill des ostdeutschen Trainings kritisiert und fürchtet, als Sohn eines alleinerziehenden Vaters zur Strafe in einen Jugendwerkhof gesperrt zu werden, eine für ihre Härte berüchtigte Jugendstrafanstalt. Welch fatale Folgen seine so genannte Republikflucht für seine Angehörigen haben wird, darüber hatte er in seinem Ärger nicht nachgedacht. Einschübe erläutern Marcs Motiv für die Flucht und informieren über die politische Lage wenige Jahre vor der deutschen Wiedervereinigung.

Zwei jugendliche Sportler, beide 15, erzählen abwechselnd von ihrer gefährlichen Scharade und wie sie versuchen, auf der jeweils anderen Seite möglichst unentdeckt zu bleiben. Vermutlich haben beide geglaubt, dass sie eine gemeinsame Sprache sprechen. Doch sie müssen schnell einsehen, wie ahnungslos sie vom jeweils anderen politischen System waren und wie schnell sie nun auffliegen. Marc kann so gut wie kein Englisch – und das nimmt ihm Bens Zimmergenosse einfach nicht ab. Dass der Rollenwechsel nicht sofort entdeckt wird, hat Helen Endemann pfiffig konstruiert, indem weder Marcs Vater, noch Bens Eltern sofort zu erreichen sind.

Dass Marc sich mitten in den Sommerferien in einem West-Berliner Sport-Internat als angeblicher Ben durchmogelt, löst noch nicht das Problem, wie Ben zurück in den Westen gelangen soll. Selbst wenn er seinen West-Berliner Pass wieder zurückhätte, fehlt ihm zur Ausreise der Passagierschein, den jeder Besucher am Grenzübergang zwischen Ost- und West-Berlin erhält. Bevor der Ost-West-Tausch wieder rückgängig gemacht werden kann, haben die beiden Jungen und ihre Freunde aus Ost und West noch ein gefährliches Abenteuer zu bestehen. 1989 kommt es zu einer Wiederbegegnung der beiden jungen Männer, die inzwischen 20 sind.
Fazit
Helen Endemanns spannender Jugendkrimi für Leser ab 13 besticht durch die sorgfältige Recherche; denn für die Handlung ist u. a. entscheidend, dass Ben und Marc beide kurz vor ihrem 16. Geburtstag stehen. Endemann lässt sehr viel Wissen über die Lebensverhältnisse im geteilten Deutschland einfließen, über den Grenzstreifen, der das Land und die Stadt Berlin teilte, und über das Thema Flucht. Auch die Perspektive zweier Jugendlicher fand ich gelungen, aus der sie den zweiten deutschen Staat jeweils betrachteten. Als abenteuerlicher Krimi funktioniert der Plot eines erzwungenen Rollentauschs perfekt, er kann ebenfalls damit fesseln, wie Sprache Wissen und politisches Bewusstsein abbildet.
10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne

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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 22. August 2019

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