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Julia Wöllenstein: Von Kartoffeln und Kanaken

Von Kartoffeln und Kanaken

von Julia Wöllenstein
Verlag: Münchener Verlagsgesellschaft [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-7474-0055-5

Preis: 14,99 Euro bei Amazon.de [Stand: 18. April 2024]
Aus dem Leben einer Lehrerin berichtet die Autorin des Buches, Julia Wöllenstein. Sie unterrichtet an einer Gesamtschule, die in einer nordhessischen Großstadt in einem Einzugsgebiet liegt, das der Schule einen hohen Migrantenanteil zuführt. Soweit zur "Vorgeschichte".

Inhaltlich beschreibt Julia Wöllenstein die besondere Problematik der Schule, an der sie ihren täglichen Unterricht versieht und das, ganz offensichtlich, mit großem Engagement. Kinder mit Migrationshintergrund bilden die deutliche Mehrheit in der Schule. Das bedeutet für die Lehrer*innen, sich immer wieder besonderen Rahmenbedingungen zu stellen. Hierbei handelt es sich zumeist um eindeutig patriarchalisch geprägte familiäre Strukturen, die zu einem speziellen Verhältnis in Bezug auf Gleichberechtigung einerseits, aber auch im Verhältnis zu weiblichen Lehrkräften führen. Bildungsferne Elternhäuser, in denen häufig wenig oder gar nicht Deutsch gesprochen wird, verursachen weitere Probleme im Unterricht von Regelklassen, also Klassen, bei denen in Bezug auf das sprachliche Niveau, Deutsch als Muttersprache vorausgesetzt wird. Die Prägung durch Religion (mit den hierin enthaltenen Maßgaben an das "normale Leben") führt zu Konflikten, insbesondere im Umgang und in der täglichen Begegnung von Kindern unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Religionszugehörigkeit. Dies wiederum führt zu Konflikten untereinander, aber auch zu Konflikten mit dem System "Schule", die einen staatliche Bildungsauftrag verfolgt und verfolgen muss. Die Autorin hält ihn für absolut sinnvoll und fordert klare Regeln und die Achtung vor den Maßgaben des Grundgesetzes der Bundesrepublik.

Dennoch fordert sie andererseits auch mehr Flexibilität vom System Schule, um auf spezifische Situationen besser reagieren zu können. Zudem wird Kritik am dreigliedrigen Schulsystem immer wieder spürbar und überdies auch klar geäußert. Als Fazit werden sieben Forderungen aufgestellt (an alle Beteiligten), damit Integration in der Schule gelingen kann!
Fazit
Mit jedem Satz merkt man der Autorin an, dass sie ein besonderes Engagement in ihrem Beruf lebt und versucht, das Beste aus der teilweise recht schwierigen Situation zu machen. Sie schildert ihre Sichtweise in gut nachvollziehbarer Form und in die teilweise komplizierten inneren Strukturen des Schulsystems werden die Leser durchaus mitgenommen. Dass Schule aufgrund sehr unterschiedlicher Bedingungen immer wieder an Grenzen stößt, verschweigt sie nicht und beschreibt, wie die Situation eventuell besser zu gestalten wäre.

Die Erfahrungswelt, die sie beschreibt, sind präsent, jedoch durchaus nach wie vor noch nicht der "Normalfall" an Deutschen Schulen. Von daher stellt sich an verschiedenen Stellen die Frage, ob die Thesen wirklich auch für alle Schulen gut und praktikabel sind. Hier muss man sicher mit den Ideen der Autorin nicht immer übereinstimmen. Einzelne Thesen sind sicher universell verwendbar (Durchsetzung des staatlichen Bildungsauftrages für alle Schüler*innen, unbedingte Akzeptanz der Werte unserer Verfassung u.v.m.), andere erscheinen eher situationsspezifisch entstanden.

In jedem Falle aber ist ein interessantes und anregendes Buch entstanden, das den Leser reichlich Informationen anhand gibt und dazu animiert, eigene Positionen zu finden.
6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne

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Vorgeschlagen von Dietmar Langusch [Profil]
veröffentlicht am 03. August 2019

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