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Michael Wildenhain: Blutsbrüder

Blutsbrüder

von Michael Wildenhain
Verlag: Ravensburger Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Jugendroman
ISBN-13 978-3-473-35219-7

Preis: 13,96 Euro bei Amazon.de [Stand: 28. März 2024]
Darius, Hakan und ein paar ihrer Mitschüler sind Mitglieder einer Berliner Antifa-Gruppe. Auf dem Rückweg von einer Plakat-Klebe-Aktion in einem anderen Viertel gegen Neonazis kommt es zu einer Konfrontation mit Skinheads. Hakan, dessen Vater Türke ist, wird in diesem Moment klar, dass in seinem Viertel nicht Neonazis ein Problem sind, sondern wenige arabische und türkische Jugendliche Ärger machen. Auch Darius erlebt eine Schlüsselszene, als er seine Freunde durch seine schnelle Reaktion aus der gefährlichen Situation raushaut. Nun fragt er sich, warum er immer wieder in Situationen gerät, in denen er glaubt sich oder andere verteidigen zu müssen. Darius und Hakan nehmen als Kinder aus einfachen Verhältnissen in der Antifa-Clique eine Sonderstellung ein. Was dort diskutiert wird klingt für die Jungen wie Theorien aus dem Ethikunterricht. Die beiden Freunde sind sich seit der Grundschule vertraut. Ihre Position anderen Jugendlichen gegenüber haben sie sich schon früh auf der Straße und beim Fußballspielen erkämpft. Auf der Straße geht es um Ehre, Stolz, Respekt. Wie ein Mann zu sein hat, definiert hier die Tradition muslimischer Einwanderer. Darius wird bald 18. Er will nur noch weg von seinem schwachen Vater, der nicht die Kraft hat, aus dem Viertel wegzuziehen, in dem sein Sohn offenbar der einzige deutsche Schüler ist. Darius wünscht sich ein eigenes Zimmer und will dann endlich sein Abitur ablegen und studieren. Die ungeheure Erleichterung, als Darius durch einen Zufall ein Zimmer findet, gehört für mich zu den gelungensten Szenen des Buches.

Ein wichtige Rolle in der Antifa-Gruppe kommt Alina zu, einem Mädchen polnischer Herkunft, die dort wohnt, wo man entweder russisch oder türkisch ist. Mit ihrem Lebensstil kann Alina für ihre türkischen Altersgenossen nur eine deutsche Schlampe sein. "Du redest, weil du reden kannst. Hier wird weniger geredet, hier funktioniert das anders." weist Alina die Theoretiker der Antifa-Gruppe zurecht.

Nach einigen Übergriffen auf Mädchen im Viertel will Hakan der Öffentlichkeit mit einer Kampagne klar machen, dass der Ärger im Viertel von einzelnen Einwanderern ausgeht. Dass Darius der Idee einer Bürgerwehr kritisch gegenübersteht, empfindet Hakan als Verrat. Darius muss sich nun entscheiden, auf wessen Seite er steht. In dieser für ihre Freundschaft belastenden Situation kommt es zu einer gewalttätigen Konfrontation zwischen Hakan und Emre, den beide schon lange kennen. Hakan wird um seine Ehre kämpfen müssen.
Fazit
Michael Wildenhain vermittelt am Beispiel der Freunde Hakan und Darius, wie heute deutsche Jugendliche leben, die in ihrem Stadtviertel oder in der Schule gegenüber Migranten die Minderheit bilden. Wildenhains Charaktere gehören durch ihre Herkunft nirgendwo dazu und müssen ihren Platz erkämpfen. Eindringlich beschreibt der Autor Darius ambivalentes Verhältnis zu Situationen in denen er instinktiv Gewalt anwendet, um sich Respekt zu verschaffen. Die Bewegung von Hakan und Darius aus dem eigenen Revier durch Reviere türkischer und arabischer Gruppen beobachtet man beim Lesen wie militärische Operationen. Ein spezielles Berlin-Feeling kommt dabei nicht auf; die Handlung könnte auch in einer anderen Großstadt spielen.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne

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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 25. Januar 2011

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