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Joe Abercrombie: Kriegsklingen

Kriegsklingen

von Joe Abercrombie
Verlag: Wilhelm Heyne Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Fantasy
ISBN-13 978-3-453-53251-9

Preis: 17,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 28. März 2024]
Eine neue Fantasyserie bedeutet manchmal leider auch der x-te Aufguss bereits allzu bekannter Elemente, von edlen Helden, dumpfen Bösewichtern und einem vorhersehbaren Ende. Für die absolute Gegenrichtung stehen Autoren wie Steven Erikson, George R. R. Martin oder R. Scott Bakker, die mit überzeugenden Charakteren, hervorragend ausgearbeiteten Plots und gutem Erzählstil auftrumpfen können. Der hier vorgestellte Roman ist der erste von Joe Abercrombie. In den USA und Großbritannien wurde er mit viel Lob aufgenommen, wie auch die folgenden beiden Bände der Trilogie ("Feuerklingen" ["They are hanged"] sowie dem gerade erschienen "Last Argument of Kings").

"Kriegsklingen" (im Original "The Blade itself") spielt in einer Fantasywelt, die auf den ersten Blick kaum wie eine solche wirkt. Magie existiert kaum noch und wird von den meisten Menschen als Märchen aus vergangenen Zeiten abgetan. Zentrum der Handlung in "Kriegsklingen" sind Geschehnisse sowohl in der Hauptstadt der "Union" (einem in Kriegen geformten Königreich, formal regiert vom Hochkönig, der jedoch kaum noch seine Sinne beisammen hat), in Adua, als auch im hohen Norden.

In Adua geht der Inquisitor Sand dan Glokta (das "dan" bedeutet adlige Herkunft) seiner "Beschäftigung" nach - was in seinem Fall bedeutet, dass er Personen, die im Verdacht stehen gegen die Gesetze der Union verstoßen zu haben, foltert. Und Glokta ist hervorragend bei dem was er tut. Nun nur noch ein Krüppel, der nichts Festes beißen und sich nicht ohne große Schmerzen fortbewegen kann, war er nur wenige Jahre zuvor ein gut aussehender und verwegener Offizier. Im Krieg gegen das Imperium von Gurkhal wurde er aber gefangen genommen und durfte erst nach zwei Jahren, die geprägt waren von permanenter Folterung, wieder in die Union zurückkehren. Die Jahre in den Kerkern des Imperators von Gurkhal haben ihn jedoch zu einem Experten in Sachen Folter werden lassen. Es gibt niemanden, den er nicht zum Sprechen bringen kann. Dabei empfindet Glokta keineswegs Freude an dem, was er tut. Vielmehr wünscht er sich, lieber vor Jahren schon umgekommen zu sein, wenngleich er dennoch seine Aufträge ernst nimmt und immer versucht, seinem unberechenbaren Vorgesetzten einen Schritt voraus zu sein. Als dieser ihm befiehlt, die bekannte Tuchmachergilde zu Fall zu bringen, macht sich Glokta ans Werk, was der Beginn nicht vorhersehbarer Geschehnisse ist.

Ebenfalls in Adua bereitet sich der Hauptmann Jezal dan Luthar auf das große Fechtturnier vor, das einer der Höhepunkte in der Hauptstadt ist. Obwohl Jezal viel lieber sein Geld in Wirtshäusern ausgeben würde, muss er einen harten Drill über sich ergehen lassen. Als ihn sein direkter Vorgesetzter Major West darum bittet, sich etwas um seine Schwester Ardee zu kümmern, kommen sich Jezal und Ardee näher, als dies West lieb ist - obwohl doch Jezal als Adliger eher voller Verachtung für alle Bürgerlichen ist.

Weit entfernt von Adua trifft der Barbar Logen, der meistgefürchtete Mann des gesamten Nordens, auf den Magier Bayaz, der ihn mit auf eine lange Reise nimmt, über dessen Gründe sich Bayaz jedoch zunächst ausschweigt. Logen, dessen Hände mit Blut besudelt sind, nimmt die Gelegenheit wahr, um einen neuen Anfang zu machen. Dabei ist gerade jetzt der ganze Norden in Bewegung geraten, nachdem Bethod, einst Freund, nun jedoch erbitterter Feind Logens, alle Stämme vereinigt hat und nach Angland aufbricht, einem der Teilreiche der Union. Gleichzeitig besteigt in Gurkhal ein neuer Imperator den Thron und plant bereits einen neuen Krieg mit der Union.

Der Auftakt zu Abercrombies Trilogie ist nicht geprägt von allzu großen Überraschungen. Die Handlung entwickelt sich allmählich, bietet aber doch einige Höhepunkte. Daneben ist es wirklich vergnüglich, die Handlung um Jezal und das Turnier zu verfolgen. Absoluter Glanzpunkt ist Glokta, der zynische, äußerlich wie innerlich gebrochene, aber dennoch intelligente und wachsame Inquisitor. Nur zu gerne würde er sein altes Leben wiederhaben. Mehr als einmal fragt er sich, weshalb er überhaupt die Sachen tut, die er tut. Teils äußerst humorvoll beschreibt Abercrombie diesen Teil des Plots, wenngleich auch die Geschichte um Logen sehr interessant ist.
Fazit
Abercrombie vernachlässigt im vorliegenden Roman m.E. etwas das "Worldbuilding". Keine Karte und kein Glossar ist enthalten, auch ansonsten blickt nur an wenigen Stellen etwas über die Geschichte dieser Welt durch, die nicht wirklich vergleichbar ist mit den durchdachten Konstrukten bei Erikson, Martin oder Bakker. Viele (vor allem aber teils unnötige) Kraftausdrücke schmälern auch etwas den Stil, der nicht an Martin, Erikson oder Bakker heranreicht, die ebenfalls bezüglich Handlung und teils bei den Charakteren vor Abercrombie liegen. Dennoch ist das Werk gut zu lesen, vor allem in den nachfolgenden Bände steigert sich Abercrombie teils ganz beträchtlich. Kurz: Es lohnt sich, das Buch zu lesen, wenngleich auch eher als Einführung zu den beiden anderen Büchern der Trilogie. Man sollte keinen Meilenstein erwarten, aber doch eine unterhaltsame Lektüre, wenn man etwas mit Fantasy anzufangen weiß. Abercrombie ist kein neuer Martin oder Erikson, aber zum Glück versucht er auch, seinen eigenen Stil zu finden.

Eine Randbemerkung zum Titel und zum Cover des Romans: Der Titel "Kriegsklingen" mag noch irgendwie nachvollziehbar sein zum Originaltitel "The Blade itself" (wie auch die nachfolgenden Titel angelehnt an ein Zitat, in diesem Fall aus der Odyssee), doch spätestens beim nachfolgenden Roman "Feuerklingen" bemerkt man die etwas einfallslose Marketingstrategie. Das Cover selbst entbehrt auch einem Zusammenhang mit der Handlung. Man mag sich darüber streiten, ob nicht eine andere Wahl besser gewesen wäre. Die Übersetzung des Textes selbst ist hingegen ganz ordentlich gelungen.
7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne
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Vorgeschlagen von B. Kiemerer [Profil]
veröffentlicht am 25. April 2008

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