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Stephan Böckenförde: Chancen der deutschen Außenpolitik: Analysen - Perspektiven - Empfehlungen

Chancen der deutschen Außenpolitik: Analysen - Perspektiven - Empfehlungen

von Stephan Böckenförde
Verlag: TUDpress Verlag der Wissenschaften [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Politik
ISBN-13 978-3-938863-18-3

Preis: 14,47 Euro bei Amazon.de [Stand: 20. April 2024]
Die deutsche Außenpolitik steht vor großen Herausforderungen. Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes, der Wiedervereinigung, der Herausforderungen durch den Terrorismus ist die Welt in Bewegung geraten. Wie stellt sich die deutsche Außenpolitik darauf ein? Welche Empfehlungen können Politikwissenschaftler den außenpolitischen Akteuren mit auf den Weg geben? Diese Fragen behandelt der jetzt - nach der Bundestagswahl 2005 - erschienene Sammelband. Er enthält knappe, in der Regel rund 5-10-seitige Beiträge von Experten im Politikbereich "Internationale Beziehungen." Sie geben einen guten Einblick in Probleme der deutschen Außenpolitik.

Die Außenpolitik der Regierung Schröder/Fischer wird - insbesondere, was das Verhältnis zu den USA angeht, weitgehend kritisch gesehen. Exemplarisch stehen hierfür der Bonner Politikwissenschafter Christian Hacke, der sich in seinen Publikationen sowohl mit der Politik der USA im 21. Jahrhundert wie auch mit der deutschen Außenpolitik schwerpunktmäßig beschäftigt und der Jenaer Politologe Dr. Helmut Hubel. Sie kritisieren insbesondere die mangelnde Diplomatie im Umgang mit den USA im Irak-Konflikt, der zu schweren Spannungen im transatlantischen Verhältnis geführt habe. Sie stehen damit in Einklang mit dem Direktor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Hans-Peter Schwarz, der in seinem jüngsten Buch: "Republik ohne Kompass" den Mangel an strategischem Denken in der deutschen Außenpolitik - bezogen auf die gesamte politische Klasse - kritisiert und Lösungsvorschläge gemacht hat. Auch die Mehrheit der hier versammelten 23 Aufsätze sieht dies so. "In Augenblicken der Krise schlägt die Stunde der Politikberatung" erklärt in seiner Einleitung der Herausgeber Stephan Böckenförde. Der Band versteht sich daher als "Beitrag der Politikwissenschaft zur Diskussion über Perspektiven der deutschen Außenpolitik." Die Beiträge sind daher kurz, prägnant und enthalten alle auch konkrete Empfehlungen für die politischen Akteure. Dies ist im großen und ganzen gelungen, wenn auch eine verbindliche einheitliche Gesamtstrategie diesen Beiträgen nicht zu entnehmen ist. Die Autoren - und darin liegt der Reiz der Veröffentlichungen - stammen nicht aus einer "Schule", was zu teilweise kontroversen Auffassungen führt. Allen Beiträgen gemeinsam ist aber die Erkenntnis, dass in der globalisierten Welt große Veränderungen bevorstehen und - so Dirk Messner - die kommende Weltordnung nicht unilateral, sondern durch die Weltmächte USA, China und Indien bestimmt werden, wir es also mitmultilateralen und instabilen Machtkonstellationen zu tun haben werden, auf die sich die deutsche Außenpolitik einzustellen hat. Welche Stärken und Schwächen die deutsche Außenpolitik kennzeichnen, charakterisiert am genauesten Hanns W. Maull in seinem Memorandum an den - amtierenden - Bundeskanzler Schröder vom 2. Oktober 2005. Doch auch seine mutmaßliche Nachfolgerin, Angela Merkel, sollte diese Empfehlungen genau durchlesen und befolgen. Wichtig ist - angesichts der Herausforderungen - auch eine wirtschaftliche Gesundung Deutschlands. Nur dann wird eine Aufstockung des Verteidigungsetats möglich sein, der notwendig ist, damit die Bundeswehr den veränderten weltpolitischen Herausforderungen gewachsen ist. So haben Gunther Hellmann und Reinhard Wolff festgestellt, dass sich die anteiligen Ausgaben am Bundeshaushalt für die Felder der Außenpolitik seit der Vereinigung 1990 von 21,5% auf knapp über 12% reduziert haben. Diese Krise verringert nicht nur die materiellen Mittel, die für internationale aufgaben bereitgestellt werden können, sie beeinträchtigen auch die "soft power" des Landes, seine internationale Vorbildwirkung. Dasselbe konstatiert Hans-Peter Schwarz in seinem oben erwähnten Buch. Gerade daher sollten - wie Gunther Hellmann korrekt bilanziert - überambitionierte Ziele der deutschen Außenpolitik - das aus meiner Sicht völlig unsinnige Streben nach einem deutschen Sitz im Weltsicherheitsrat aufgegeben und zu der bewährten "Kultur der Zurückhaltung" zurückgekehrt werden, die den Möglichkeiten der deutschen Außenpoltik in der wirtschaftlichen Situation, in der sich das Land befindet, eher entspricht. Deutschland sollte daher in der Tat spannungsreiche 2nationale" Interessen ausgleichen, da internationale Aufwendungen reduziert werden können, je weniger diese Politik durch ein "Wir sind wieder wer!" in Frage gestellt wird.
Fazit
Spannende Fragen, die eine Debatte lohnen. Leider sind mir manche Aufsätze etwas zu kurz geraten. Wer hier "Abhilfe" sucht, dem seien zwei wichtige Sammelbände zur Deutschen Außen- und Sicherheitspolitik aus dem Nomos-Verlag in Baden-Baden empfohlen: "Deutschland im Abseits?" sowie der Folgeband: "Deutsche Sicherheitspolitik", der einige Fragen, etwa Proliferation, Bundeswehr genauer und wissenschaftlich gründlicher untersucht, als dies der vorliegende Band tut. Aber als erste Einführung und als Politikberatung lohnt sich das vorliegende Werk auf jeden Fall.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne

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Vorgeschlagen von Bernhard Nowak [Profil]
veröffentlicht am 21. Oktober 2005

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