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Sönke Neitzel, Bastian Matteo Scianna: Blutige Enthaltung

Blutige Enthaltung

von Sönke Neitzel, Bastian Matteo Scianna
Verlag: Verlag Herder [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Politik
ISBN-13 978-3-451-07343-4

Preis: 18,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 23. April 2024]
Lange Zeit stand der Bürgerkrieg in Syrien im Fokus, rund um den Globus. In Zeiten der Pandemie ist die Tragödie der syrischen Bevölkerung ins Hintertreffen geraten, aber keineswegs aus der Welt geschafft. Die beiden Militärhistoriker Sönke Neitzel und Bastian Matteo Scianna nehmen diesen Konflikt ins Visier, stellen ihn in Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling und den sich hieraus entwickelnden Konflikten in der Region des nahen und mittleren Osten. Kern dieser Betrachtungen ist die Rolle der Bundesrepublik Deutschland in einer Periode wechselnder Regierungskoalitionen (v.a. 2011 bis 2021).

Die beiden Autoren beschreiben in kompakter Form die Lage der arabischen Welt rund um die Geschehnisse des "Arabischen Frühlings". In dieser Zeit des Umbruchs geraten die beteiligten Staaten auch ins Visier der Großmächte, allen voran der USA und Russland. Sicherung und mögliche Ausweitung der eigenen Machtsphären und geopolitische Interessen brechen sich in der Bahn in der gesamten Region. Nach Interventionen und Kriegen im Irak und in Libyen, gerät das Regime des syrischen Machthabers Assad unter Druck. Es beginnt ein bewaffneter Konflikt, Syrien ist bis heute nicht zur Ruhe gekommen.

Das Agieren der westlichen Alliiertem ist alles andere als einheitlich. Gewissermaßen einer Sonderrolle nehmen hierbei aus Sicht der beiden Autoren die verantwortlichen Spitzenpolitiker Deutschlands ein. Es mangelt nicht an guten Absichten, oft genug wird konsequentes Handeln eingefordert - aber wie steht es um das eigene Handeln und die Bereitschaft zur Konsequenz?
Fazit
Sönke Neitzel und Bastian Matteo Scianna beschreiben gewissermaßen ein "deutsches Dilemma". Aufgrund der eigenen Historie in jüngerer Zeit sind die Deutschen zurückhaltend, wenn es um bewaffnete Konflikte geht. So weit, so gut und mehr als verständlich. Aber 76 Jahre nach Kriegsende hat Deutschland als demokratische Bundesrepublik nach und nach einen festen Platz in der Völkergemeinschaft. Aufgrund seiner politischen und wirtschaftlichen Entwicklung steht Deutschland heute sehr gut da und die Erwartungen weltweit, insbesondere natürlich die der Bündnispartner, stimmen mit der deutschen Eigensicht und den hieraus resultierenden Konsequenzen häufig nicht überein.

Die beiden Autoren legen den Finger in die Wunde und bewerten die Politik Deutschlands, wenn es um die Mitwirkung bei der Lösung bewaffneter Konflikte geht, sehr kritisch. Zweifelsfrei ein wichtiges Buch, das es allemal zu lesen lohnt, auch wenn man selbst einigen Argumenten und Schlussfolgerungen der beiden renommierten Autoren nicht folgt und zu anderen Bewertungen gelangt. Eben solche Kontroversen sind notwendig, damit die deutsche Politik und die Gesellschaft ihren Standpunkt im Zuge internationaler Erwartungen zur Übernahme der zurecht eingeforderten (Mit-)Verantwortung zu finden. Hier leistet das vorliegende Werk einen sehr guten Beitrag!
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Vorgeschlagen von Dietmar Langusch [Profil]
veröffentlicht am 15. August 2021

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