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Jan Plamper: Das neue Wir

Das neue Wir

von Jan Plamper
Verlag: S. Fischer [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Politik
ISBN-13 978-3-10-397283-2

Preis: 20,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 28. März 2024]
WIR - ein integrativer Begriff! Daran dürfte keiner zweifeln. Aber: wer oder was sind "WIR" Deutsche? Hieran dürften sich die Geister erheblich (unter-) scheiden! Für ein neues Wir in "unserem Land", Deutschland, zu werben, das macht sich der Autor des Buches zur Aufgabe. Warum eigentlich ein neues Wir?

Als Historiker stellt er schnell klar: WIR Deutsche sind nicht nur diejenigen, die Flüchtlinge aufnehmen, WIR waren auch Auswanderer! Und: es gab auch in dieser Richtung vergleichbare Schwierigkeiten, sich den neuen Bedingungen anzupassen. Nicht jeder mochte die Zuwanderer und stand ihnen skeptische gegenüber; auch sie wollten gerne in der Ferne "unter sich" leben. Ein langer Prozess nahm Fahrt auf. Hiervon erzählt Kapitel 1 und im darauffolgenden Kapitel geht es um die ersten Migranten: es handelte sich um die DPs (Displaced Persons), die Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Gebieten, die nun unter fremder Herrschaft standen und in denen die Deutschen nach Ansicht der neuen Herrscher nichts mehr zu suchen hatten.

Die beiden folgenden Kapitel stellen die Integration der "Gastarbeiter" in Westdeutschland (alte Bundesrepublik) dar und schildert zudem den langen Weg zur Erkenntnis, dass Deutschland eben doch ein Einwanderungsland ist. Ging man zunächst davon aus, dass die Gastarbeiter nach einigen Jahren wieder zurück in ihr Herkunftsland, ihre alte Heimat kehren würden (dies wurde sozusagen vorausgesetzt), ergab es sich aber bei einer großen Zahl, dass sie in Deutschland bleiben wollten und hier Wurzeln geschlagen haben. Auch die Darstellung der Arbeitsmigration der ehemaligen DDR findet Platz in dem vorliegenden Werk. Weit weniger an der Zahl als im Westen, wurden sie mit noch größerer Skepsis beäugt und wurden von den Bürgern der DDR bewusst separiert. Chancen zur Integration: Fehlanzeige!

Großen Raum nimmt das Thema "Asyl" ein. Wie umgehen mit der enormen Zahl an Flüchtlingen? Wie lassen sich Unterschiede in der Herangehensweise an das Thema Migration, insbesondere nach dem Jahr 2015, erklären? Diesen und andern Fragen widmet sich der Autor aus seiner Perspektive im Kapitel 5. Die Themen "Spätaussiedler" und Rückkehrer jüdischer Glaubensgemeinschaft in die neue Bundesrepublik werden ebenfalls eingehend beleuchtet, bevor Jan Plamper kritische Worte zum Thema "Willkommenskultur" äußert und die Haltung der Vertreter aus dem rechten Spektrum "aufs Korn" nimmt.
Fazit
Das Buch von Jan Plamper greift einen Dauerbrenner auf, der sich seit 2015 durch den massenhaften Zustrom von Flüchtlingen verschärft ins Rampenlicht gerückt hat bzw. durch die Medien gerückt wurde. Der Umgang mit diesem Thema zeigt, wie gespalten die Nation auf dies sensible Thema reagiert. Rechtsextreme Gewalt und ein klarer Aufwind für rechtspopulistische Kräfte sind ein deutlich sichtbares Signal auf der einen Seite. Viele Millionen Helfer, die sich in den Dienst der Flüchtlingshilfe stellen, sind ein starkes Signal auf der anderen Seite.

Der Autor beleuchtet das Thema aus verschiedenen Perspektiven und erinnert gekonnt daran, dass auch Deutsche das Schicksal der Auswanderer und Flüchtlinge in der Historie Deutschlands teilen mussten. Ein oft vergessener Aspekt in den aktuellen Diskussionen. Wer glaubt, mit rigiden Massnahmen die Uhren zurückstellen zu können, täuscht sich aber: das neue Wir hat bereits begonnen. Viele "Plusdeutsche", also Menschen mit Migrationshintergrund und deutschem Pass, haben schon längst ihre Wurzeln in Deutschland geschlagen und sind ein wichtiger Teil der deutschen Bevölkerung und überdies aus den verschiedensten Gründen aus dem Hier und heute nicht mehr wegzudenken!

Mit diesem Buch hat Jan Plamper einen "Wach- bzw. Aufrüttler" zur rechten Zeit verfasst. Im Kern wird ihm der größte Teil "der Deutschen" ohne weiteres zustimmen können, selbst wenn man den politischen Schlussfolgerungen des Autoren vielleicht nicht immer folgen mag!
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Vorgeschlagen von Dietmar Langusch [Profil]
veröffentlicht am 20. März 2019

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