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Gina Mayer: Die verlorenen Schuhe

Die verlorenen Schuhe

von Gina Mayer
Verlag: Ravensburger Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Jugendroman
ISBN-13 978-3-473-58390-4

Preis: 1,78 Euro bei Amazon.de [Stand: 27. April 2024]
"Ich verstehe etwas von Pferden." Wanda ahnte noch nicht, welch unerwartete Wende dieser Satz in ihrem Leben bringen würde. Als Tochter eines Professors für deutsche Literatur wuchs Wanda in Krakau auf, erzogen von einem deutschen Kindermädchen, über dessen rheinischen Dialekt die Familie sich heimlich amüsierte. Im letzten Kriegswinter 1944 waren alle arbeitsfähigen deutschen Männer längst zur Wehrmacht eingezogen und nur noch Jungen unter 16 und Nichtkriegstaugliche als Arbeitskräfte zurückgeblieben. Wanda wird in Krakau von den deutschen Besatzern in einen Transport polnischer Fremdarbeiter gezwungen. Ihre vorlaute Bemerkung bringt sie als Pferdeknecht auf das (fiktive) schlesische Gut Hohenau nahe der Grenze zum damaligen Generalgouvernement Polen. Dass Wandau perfekt Deutsch spricht, verheimlicht sie und spielt die Rolle eines unbedarften Mädchens vom Land. Für Inge, die Tochter des Gutsbesitzers, ist die gleichaltrige Wanda eine Dienstbotin, zuständig für die Pflege der Pferde und das Ausmisten des Stalls. Inge ist in diesem Winter 18 Jahre alt und hat sich ohne Wissen ihrer Eltern mit dem Sohn der Nachbarn verlobt. Da Wolfgangs Eltern offenbar Mitglieder der NSDAP sind, hätten Inges Eltern dieser Verbindung niemals zugestimmt. Wolfgang behandelt die Frau, die er heiraten will, wie ein Kind und auch Inges Vater schweigt über den Kriegsverlauf, um sich und seine Familie nicht in Schwierigkeiten zu bringen.

Durch einen dummen Zufall wird Inge auf der Flucht vor der nahenden Roten Armee von ihren Eltern getrennt. Sie und Wanda sind allein auf dem Gut zurückgeblieben, so dass die beiden gegensätzlichen Mädchen wohl oder übel dem Flüchtlingstreck mit einem Pferdefuhrwerk folgen. Aus Wanda wird auf dem Treck gen Westen Waltraud; denn niemad darf wissen, dass Inges angebliche Schwester eine polnische Fremdarbeiterin ist. Zwei junge Frauen, die einander bisher immer verachteten, müssen in der Not zusammenhalten. Inge, die behütete und verwöhnte Tochter des Gutsbesitzers, hasst sich für ihre Hiflosigkeit in alltäglichen Dingen und sie hasst Wanda, weil sie auf sie angewiesen ist. Auf der Flucht ist sich jeder selbst der Nächste, lernen beide schon in den ersten Tagen. In Rückblenden erinnerst sich Wanda an ihr Leben in Krakau, an ihre erste große Liebe zu Marek und an den Tag, als sie mit dem Fremdarbeitertransport nach Gut Hohenau kam. Nach beinahe einem halben Jahr gelangen die beiden Frauen auf ihrer Odysse über Görtlitz und Dresden im Frühsommer 1945 in ein Flüchtlingslager in der Nähe von Nördlingen. Das Ende der Flucht wirkt nach einer Reihe glücklicher Wendungen abrupt und übertrieben positiv. Die Autorin berichtet im Nachwort, wie sie auf die Idee kam, einen Jugendroman über eine Flucht aus Schlesien zu schreiben und welche Quellen sie verwendete. Eine Landkarte und zahlreiche Anmerkungen erleichtern die Auseinandersetzung mit dem Thema; Begriffe aus der Zeit des Nationalsozialismus sind mit einem Stern markiert und im Anhang erklärt.
Fazit
Die Erlebnisse zweier gegensätzlicher junger Frauen, die auf ihrer Flucht aus Schlesien zu einer Notgemeinschaft zusammenwachsen, bringen jungen Lesern das Schicksal der Flüchtinge nach dem Zweiten Weltkrieg nahe. Inge und Wanda werden mit ihren Schwächen und Fehlern sehr glaubwürdig geschildert. Gina Mayer trifft mit ihrem Jugendroman einen angenehm sachlichen Erzählton, der dem noch immer heiklen Thema Flucht guttut.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 03. Juli 2011

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