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Christiane Lemke: Internationale Beziehungen: Grundkonzepte, Theorien und Problemfelder

Internationale Beziehungen: Grundkonzepte, Theorien und Problemfelder

von Christiane Lemke
Verlag: Oldenbourg Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Politik
ISBN-13 978-3-486-23858-7

Preis: 24,95 Euro bei Amazon.de [Stand: 25. April 2024]
Prof. Dr. Christiane Lemke, Politikprofessorin an der Freien Universität Berlin, hat im Jahre 2000 eine lesenswerte Einführung in den Themenbereich "Internationale Beziehungen" vorgelegt. Anspruch des Werkes ist, Studierenden und einem interessierten Fachpublikum eine Einführung in die wichtigsten Theorien internationaler Beziehungen und in analytische Grundkonzeptionen der internationalen Politik zu bieten (S. 3). Frau Lemke unterteilt ihren Ansatz in 6 Kapitel und einen Anhang.

In einem ersten Kapitel werden die Theorien in dem Fachbereich untersucht, wobei insbesondere die Grundbegriffe: Akteur und internationales System und - v.a. der Machtbegriff in den internationalen Beziehungen (kurz)herausgearbeitet werden. Die wichtigsten politischen Denkansätze, Realismus, Neorealismus und Englische Schule, Liberaler Institutionalismus (wobei hier die Institutionalisten um Robert Keohane wie auch die Frankfurter liberalistische Schule um Czempiel zusammengefasst werden) kommen allerdings eindeutig zu kurz. Der Name John Herz und sein zentraler Begriff des "Sicherheitsdilemmas" fehlen gänzlich. Sie fehlen auch in dem Kapitel "Enger und weiter Sicherheitsbegriff im Kapitel 2: "Problemfelder der internationalen Politik") Czempiels an Kants Schrift "Zum theoretischen Frieden" entwickelter Liberalismus wird - äußerst kursorisch - in dem Kapitel "Krieg und Frieden in der internationalen Politik" auf einer Seite abgehandelt. Die Autorin unterscheidet weiterhin Interdependenztheorie und Regimeforschung, Postmoderne und Konstruktivismus und untersucht feministische Theorien internationaler Beziehungen. Weitere Theorieansätze, etwa die Spieltheorien oder der wichtige "Rational-choice-Ansatz", der davon Ausgeht, Staaten handelten auf der Basis von rational begründeten Handlungsalternativen und fällten daraufhin ihre Entscheidungen - finden sich (leider) nicht in diesem Kapitel, sondern weiter hinten unter dem Kapitel "Außenpolitik als Handlungsfeld". Hier werden auch Ansätze wie "machtpolitischer Ansatz", "Aktions-Reaktions-Ansatz", "Ziel-Mittel-Ansatz" , "Bedingungssgrukturansatz" oder "Konstruktivistische Ansätze" untersucht. Insgesamt ist das Kapitel jedoch - gerade im Vergleich zu den Veröffentlichungen von Xuewu Gu "Theorien der internationalen Beziehungen" oder Gert Krell "Weltbilder und Weltordnung" viel zu kurz geraten und kann diese beiden Grundlagenwerke in keinster Weise ersetzen oder gar ergänzen. So fehlt zum Beispiel völlig der Begriff des "Westfälischen Friedens" und seine Auswirkungen auf die Internationale Politik. Dies ist bei einem solchen Grundlagenwerk - auch bei veränderter Schwerpunktsetzung - schwer nachvollziehbar.

Im Kapitel "Problemfelder der internationalen Politik" werden unter anderem Globalisierung und Weltmarkt, Wirtschaft und Weltarmut in der Entwicklungspolitik, die Grenzen des Wachstums in der Internationalen Umweltpolitik untersucht und anhand ausgewählter Problembeispiele verdeutlicht. Hier wird auch - viel zu kurz - der zentrale Ansatz von Krieg und Frieden sowie der enge und weite Sicherheitsbegriff abgehandelt. auch hier hätte sich spätestens angeboten, auf den Begriff des "Sicherheitsdilemmas" einzugehen. Dies erfolgt leider nicht.

Meines Erachtens gut gelungen - und daher insgesamt noch mit 8 Sternen bewertet - ist allerdings das dritte Kapitel, "Außenpolitik als Handlungsfeld", in dem der Zusammenhang zwischen Innen- und Außenpolitik anhand der eben dargestellten Politikansätze dargestellt und dann am Beispiel der Außenpolitik der Bundesrepublik verdeutlicht wird. Der Zusammenhang zwischen Innen- und Außenpolitik wird insbesondere am Beispiel der Ostpolitik dargestellt. Weiterhin wird hier in einem Unterkapitel die amerikanische Außenpolitik "zwischen Hegemonie und Multilateralismus" untersucht, wobei hier z.T. auf das Werk von Christian Hacke "Zur Weltmacht verdammt" zurückgegriffen wird - leider ohne diesen zu zitieren.

Auch die weiteren Kapitel sind interessant, so das Kapitel "Europa am Ende des Ost-West-Konflikts", insbesondere dort, wo die Ursachen des Endes dieses Konfliktes dargestellt werden (S. 143). Die Autorin unterscheidet 4 Hauptfaktoren: Legitimationsdefizit aufgrund fehlender Einlösung des "Gesellschaftsvertrages" Soziale Sicherheit gegen Mangel an politischen Freiheiten; Veränderung der internationalen Beziehungen durch die Einführung von Glasnost und Perestroika durch Gorbatschow nach 1985; Globalisierung und damit eingehende Zuspitzung der Wirtschaftskrise in Osteuropa sowie als zentralen Erklärungsfaktor die Veränderung der innenpolitischen Situation durch das Zusammentreffen von Entstehung von Massenbewegungen und Reformunfähigkeit der Eliten. Auf diese Zusammenhänge hat insbesondere Wolfgang Merkel in seinen Veröffentlichungen hingewiesen, die die Autorin - allerdings nur teilweise - benennt.

Aus Platzgründen sei nur noch kurz darauf verwiesen, dass als weitere Kapitel die Europäische Integration (Kapitel 5) sowie im Kapitel 6 "Global governance" UNO und Nicht-Regierungsorganisationen (NROs) untersucht und deren Wirken am Problembeispiel Menschenrechte dargestellt wird, deren Verwirklichung die Autorin - zu recht - heute als eines der "vordringlichsten Probelme" der internationalen Politik ansieht.

Ein Anhang mit "Studienpraktischen Hinweisen und Hilfen zu Recherchen" mit der Unterteilung in Printmedien, Zeitschriften, Jahrbücher, Handbücher und Lexika sowie Hinweisen aus dem Internet runden dieses Grundlagenwerk ab.
Fazit
Insgesamt eine lesenswerte Einführung, wenn auch die Werke von Xuewu Gu und Gert Krell meines Erachtens eindeutig diesem Werk vorzuziehen sind, da sie genauer die einzelnen Theorien abhandeln. Was Länderanalysen angeht, so ist das Werk "Internationale Beziehungen" von Jürgen Hartmann ebenso gut, allerdings insgesamt weniger gut wie diese Einführung.
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Vorgeschlagen von Bernhard Nowak [Profil]
veröffentlicht am 25. August 2003

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