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Gustave Le Bon: Psychologie der Massen

Psychologie der Massen

von Gustave Le Bon
Verlag: Alfred Kröner Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Philosophie
ISBN-13 978-3-520-71001-7

Preis: 8,90 Euro bei Amazon.de [Stand: 19. März 2024]
Bei dem Begriff Masse denkt man an das Gestaltlose, Amorphe, das erst durch äußere Entwicklung geformt wird. Dazu gibt es Politiker, Demagogen und Propagandisten. Sie übernehmen diese Aufgabe. "Die Masse ist das Ende, das radikale Nichts." - Dies sagte einst Oswald Spengler, der den Schwund der Kultur des Abendlandes diagnostizierte. Auch für Le Bon, Autor des vorliegenden Buches, steigen und fallen Kulturen mit dem Schwund der schöpferischen Wirkung. Es bleibt eine Menge allein stehender Einzelner übrig, getragen von Impulsivität, Sugestibilität, Intoleranz, Wandelbarkeit. Die agierenden Mitglieder einer Masse sind Scheintote, gehorsame Medien noch mächtigerer Medien und in diesem Sinne - Zombies medialer Einflüsterung. Sie werden zu einem Fall des suggestiven Somnambulismus.

Le Bon stellt sich die Frage: Wie kommt es, daß sich Menschen für Ideen begeistern lassen, die sie kaum verstehen können? Warum lassen sie sich von politischen Strömungen blind mitreißen, hängen heute diesem und morgen jenem Anführer an, ohne nachzudenken? 25 Jahre später legte er seine Gedanken zu diesem Thema in diesem Hauptwerk "Psychologie der Massen" nieder. Man kann Le Bon im Zeitalter der Massenmedien und der Massenkultur manchmal eine erstaunliche Treffsicherheit und Aktualität bescheinigen - einige seiner Analysen könnten auch aus dem 21. Jahrhundert stammen.

Den Sozialismus betrachtete er als Negation der Kultur. Gleichheit senke das Niveau überhaupt und es komme zur Wirkung die trübe vulgäre Mittelmäßigkeit. Das berühmte, in alle Weltsprachen übersetzte Buch des französischen Arztes und Soziologen über die Seele der Massen und die Gesetze ihrer Beeinflussung und Führung hat sich - trotz oder auch wegen mancher provozierender These - über Jahrzehnte hinweg und bis in die Gegenwart hinein als eine der stärksten Anregungen für Psychologie und Soziologie erwiesen. Es kann sogar heute neue Impulse setzen. Der Anteil des Unbewußten am Handeln ist für Le Bon sehr groß beim Handeln des Menschen und der Anteil der Vernunft nur sehr klein. Die Massen haben sich aber dennoch für ihn zur Macht erhoben. Die Stimme des Volkes habe das Übergewicht erlangt. Je weniger Masse zur vernünftigen Überlegung fähig ist, um so mehr sei sie zur blinden Tat bereit. Sie werden die Könige ersetzen und sich nicht mehr von Vernunft leiten lassen - so die Befürchtung Le Bons, die eine Angst davor erkennen läßt, dass die bewußte Persönlichkeit zugunsten der Gemeinschaftsseele verschwindet. So unterliege das Geschehen dem psychischen Gesetz der Einheit der Massen. In der Gemeinschaftsseele verwischen sich die Verstandesfähigkeiten, das Ungleichartige versinkt im Gleichartigen und unbewußte Eigenschaften überwiegen. Kurz: Die Masse nimmt nicht den Geist, sondern nur die Mittelmäßigkeit in sich auf.

Aber auch Sittlichkeit bescheinigt der Autor den Massenbewegungen. Aufopferung, Hingabe und Uneigennützigkeit können hervorbrechen, wenn sie sich auf Ehre, Vaterland und Ruhm berufen. Die Grundideen der Massen könne man sich als Wassermasse eines dahinströmenden Flusses denken, die flüchtigen Ideen als die kleinen, immer wechselnden Wellen, die seine Oberfläche erregen und, obwohl von geringerer Bedeutung, viel sichtbarer sind.

Heute, wo das Aushorchen der Meinungen Hauptsorge der Medien ist, heute verliert jede Meinung durch mediale Erörterung ihren Nimbus. Eine energische Parteinahme ist so kaum mehr möglich. Der moderne Mensch fällt der Gleichgültigkeit anheim. Das ist die Entartungserscheinung im Völkerleben, eine Tendenz, die Le Bon so beschreibt: "Massen fallen in den Zustand einfacher Automaten zurück." Le Bon, Mitbegründer der sozialen Psychologie, kann anhand des dargelegten als ein bedeutender Völkerkundler, Archäologe und Soziologe gelten. Er vertrat die Idee einer intellektuellen Elite als Motor des Fortschritts. Er hat wesentliche Mechanismen der modernen Politik erkannt. Diese lassen sich so zuspitzen:

1. Der Wähler hält darauf, daß man seinen Begierden und Eitelkeit schmeichelt, und dies macht sich die Politik zunutze.

2. Die Massen haben nur eingeflößte, nie vernünftige Meinungen.

3. Zusammenhalt und Stärke schwinden, wenn die unabhängige Denkkraft dnd Vernunft schwindet. - Die Tatkraft verringert sich. Es entsteht ein Haufen zusammenhangsloser Einzelner, der nur noch künstlich durch Überlieferungen und Einrichtungen zusammengehalten wird - und Waren konsumiert.
Fazit
Le Bons Beobachtungen sind einzigartig. Sie sind zeitnah und lesen sich nach wie vor als aktuelle und damit als nachweisliche zeitlose Analyse des sozialen Verhaltens.
10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne

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Vorgeschlagen von Daniel Bigalke [Profil]
veröffentlicht am 13. Dezember 2008

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