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Von Serienmördern und der Idylle der Toskana

Mit "Spider" hat der britische Enthüllungsjournalist Michael Morley seinen ersten Thriller veröffentlicht, den er auf einer Lesereise erstmals den deutschen Lesern vorstellte. Für die Veranstaltungen wurde ein entsprechender Rahmen gesucht und so gastierte der Autor in Berlin im Medizinhistorischen Museum der Charité. Ein überaus passender Rahmen, um in die Welt von FBI-Profiler Jack King abzutauchen. Michael Morley las ausgewählte Passagen auf Englisch, während der bekannte Schauspieler Ralph Herforth eindrucksvoll deutsche Passagen zitierte und mehr als einmal für eine Gänsehaut sorgte. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte Buchtips.net Gelegenheit mit Michael Morley über seinen Roman zu sprechen.

Michael Krause: Mr. Morley, gab es für den Black-River-Killer ein reales Vorbild?
Michael Morley: Spider ist das Resultat meiner langjährigen Arbeit als Journalist. Ich habe zahlreiche Serienkiller interviewt und dabei mehr als einmal in die Tiefen der menschlichen Seele geblickt.

MK: Können Sie uns ein Beispiel geben?
MM: Die Hintergründe die ich bei diesen Interviews zu Tage gebracht habe waren sowohl schockierend, als auch überraschend. Da die von mir interviewten Täter nach einem Gespräch mit mir keine Bestrafung befürchten mussten, waren sie eher bereit sich zu öffnen, als wenn sie mit einem Polizisten gesprochen hätten. Viele sahen das Gespräch mit mir als eine Art Forum, um über ihre Taten zu sprechen. Ein besonderer Fall war Dennis Nielsen, der insgesamt 12 Menschen ermordet hat und mit den jeweiligen Leichen zusammengelebt, sie gewaschen und angezogen hat.

MK: Ist es Ihnen beim Schreiben schwer gefallen, sich in die Gedankenwelt von Spider hineinzuversetzen?
MM: Nicht unbedingt, da diese Thematik vom journalistischen Standpunkt aus besonders viele Möglichkeiten für einen Schriftsteller bietet. Sehr hilfreich waren natürlich die zahlreichen FBI-Beobachtungen, die es mir ermöglicht haben sozusagen in die Schuhe des Mörders zu schlüpfen. Trotzdem habe ich bei dieser Arbeit viele Dinge erfahren, die ich nicht an die Öffentlichkeit bringe werde und Zeit meines Lebens mit mir herumtragen werde.

MK: Jack und Nancy King wollen in der Toskana ein neues Leben beginnen. Warum haben Sie sich gerade für diese Region entschieden?
MM: Ich liebe die Toskana und verbringe mehrfach im Jahr einige Wochen dort. Die Landschaft, das Essen, die Mentalität der Menschen bieten mir und meiner Familie die Entspannung, die wir brauchen. Es war mir ein Bedürfnis, der Region und ihren Menschen auf diese Weise zu danken.

MK: "Spider" überzeugt auch durch seine unterschiedlichen Charaktere. Tragen Ihre Figuren, insbesondere Jack King, biografische Züge?
MM: Nein. Ebenso wie der Black-River-Killer ist Jack King das Ergebnis der unterschiedlichen Ermittler, die ich im Laufe meiner Arbeit kennen gelernt habe. Als ich die Planung von "Spider" begann, wollte ich einen Täter mir einem besonders perfiden Plan. Es stand von Beginn an fest, dass es ein besonderes Erlebnis sein musste, das seine Taten auslöst. Jack King sollte eine starke Frau an seiner Seite haben und so habe ich Nancy bereits im Vorfeld mit entsprechenden Merkmalen ausgestattet. Howie Baumgard ist der humorvolle Charakter, aber insgesamt hatten alle Figuren noch genügend Spielraum sich während des Romans zu entwickeln.

MK: Am Ende von "Spider" deuten Sie an, dass es einen weiteren Roman mit Jack King geben wird. War dies von Beginn an geplant?
MM: Nein. Da mir die Figuren im Verlauf der Handlung sehr ans Herz gewachsen sind, hat sich das so ergeben. Außerdem glaube ich, dass die Geschichte von Jack und Nancy nicht zu Ende erzählt ist. Aber auch die anderen Charaktere sind noch nicht ausgereizt.

MK: Die Arbeit an "Spider" hat gut achtzehn Monate gedauert, in der Sie drei Fassungen geschrieben haben. Nehmen Sie sich jeden Tag ein bestimmtes Pensum vor?
MM: Da ich meine Romane im Vorfeld sehr detailliert plane, habe ich mir als Richtwert ein tägliches Pensum von 2000 Wörtern gesetzt, dass ich zumeist auch schaffe.

MK: Wo schreiben Sie am liebsten?
MM: Grundsätzlich kann ich überlall schreiben. Im Café. Im Flugzeug, im Hotel. Aber natürlich schreibe ich am liebsten in meinem Büro, da ich dort zwei große Flipcharts zu stehen habe, an denen alle Handlungsskizzen notiert sind.

MK: Beim Umgang mit Serienmördern ist Entspannung sicher ein wichtiger Aspekt? Wie finden Sie Ihre innere Ruhe wieder?
MM: Ich gehe leidenschaftlich gern ins Kino, drücke im Fußball Manchester die Daumen und habe eine Farm, auf der es immer etwas zu tun gibt.

MK: Mr. Morley, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg.

Wer etwas mehr über die Ereignisse erfahren möchte, die dazu führten, dass Jack King seinen Dienst beim FBI quittierte, sei auf www.spiderdasbuch.de verwiesen, wo Michael Morley die Vorgeschichte zu "Spider" erzählt.

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