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Mischa Meier: Justinian. Herrschaft, Reich und Religion

Justinian. Herrschaft, Reich und Religion

von Mischa Meier
Verlag: Verlag C. H. Beck [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Biografie
ISBN-13 978-3-406-50832-5

Preis: 8,95 Euro bei Amazon.de [Stand: 15. April 2024]
Die Geschichte des oströmischen bzw. byzantinischen Kaisers Justinian hat Konjunktur. Otto Mazal legte vor kurzem ein umfangreiches Werk vor, und Mischa Meier legt in der bekannten und beliebten "Beck Wissen" Reihe nun ebenfalls eine Biographie dieser Gestalt vor, die als letzter "römischer" Kaiser galt und den Namen einer ganzen Epoche prägte. Obwohl man sagen muss, dass nicht unbedingt der Kaiser selbst im Mittelpunkt dieser Biographie steht, als vielmehr seine Zeit. Meier beschreibt Justinians Aufstieg zur Macht und seinen Versuch, die Grenzen des römischen Reiches durch die Kriege in Afrika und Italien wiederherzustellen. Auch wird Justinians berühmte Rechtskodifikation und seine Bautätigkeit beleuchtet, vor allem aber seine Religionspolitik, die auch mit den Endzeiterwartungen dieser Zeit verbunden war.

Nicht nur ist bei Meier der Einfluss seiner Habilitationsschrift zu spüren, sondern auch dessen Schlussfolgerungen. Das muss aber kein Nachteil sein, denn seine Habil. ("Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr."), war nicht nur vom Zugang her erfrischend, sondern auch hoch informativ. Auch dort wird den Enzeiterwartungen breiten Raum eingestanden. Allerdings wägt Meier bei der Sonnenfinsternis 536/37 immer noch zwischen Vulkanausbruch oder Asteroideneinschlag ab (S. 101). Nach neueren Forschungen war es aber höchstwahrscheinlich der Ausbruch des Krakatau. Doch ist es wirklich angenehm, dass Meier immer vorsichtig abwägt (was auch das Beispiel des umstrittenen Historikers Prokop zeigt). Negativ fiel mir auf, dass zwar Quellenzitate angeführt weden (immer in Übersetzung, was mir sehr gefiel - viel zu wenig wird bei Beck Wissen mit Zitaten gearbeitet, die sich gerade bei dem hohen Stand der antiken Historiographie doch anbieten). In der (teils annotierten und gut ausgewählten) Bibliographie aber keine Editionen genannt werden. Dies ist zwar vielleicht etwas kleinlich, aber bei Baltrusch, Brandt oder Clauss, die ebenfalls für diese Reihe tätig waren und sind, wurden auch Quelleneditionen genannt. Und für manchen Laien wäre dies sicherlich angenehmer gewesen. Etwas negativ fällt auf, dass auf Prokop zwar kurz eingegangen wird, aber im Schlußteil dies nicht wiederholt wird (z.B. 14 f. und 112 f.). Gerade die Person Prokops hätte eine genauere Beleuchtung verdient gehabt. Allerdings muss man zugestehen, dass der beschränkte Platz dafür wohl nicht ausgereicht hat.

Nicht nur die Vorraussetzungen wurden angesprochen, sondern auch die Entwicklungsetappen in der Politik Justinians. Manche von Prof. Meiers Ansichten fand ich sehr erfrischend, wenn auch teils diskussionsbedürftig (wie die Interpretation des Nika-Aufstands). Vor allem aber ist die Strukturanalyse sehr gut gelungen. Meier hangelt sich nicht von Jahr zu Jahr, sonder skizziert die Ereignisse und verbringt recht viel Zeit mit der Analyse. Auch dass Meier auf die komplexe Kirchenpolitik des Kaisers eingegangen ist, empfand ich als sehr angenehm. Das in dieser vorzüglichen Reihe auch mal etwas tiefer gebohrt wird, kann nur von Vorteil sein, auch wenn es den einen oder anderen Laien etwas überfordern könnte.
Fazit
Mir persönlich hat diese Justinian-Biographie sehr, sehr gut gefallen. Dieses kleine, fast unscheinbare Büchlein steckt voller Informationen und interessanter Ansichten. Interessant ist auch ein Vergleich von Justinians Religionspolitik bei Meier zu Peter Browns neuestem Buch ("Rise of Western Christendom", vollkommen neubearbeitete Edition, S.176 ff.; nun auch: Michael Maas, The Cambridge Companion to the Age of Justinian, Cambridge 2005). Insgesamt kann ich nur ein positives Fazit ziehen und dieses Buch, trotz der wenigen, wie ich zugebe, subjektiven Kritikpunkten, jedem empfehlen, der sich für den Ausgang der alten Welt, Byzanz, Justinian oder Geschichte generell interssiert.

Für die politische Geschichte ist neben den bei Meier angeführten Büchern aber auch nach wie vor J.B. Bury, History of the later Roman Empire, Bd.2, zu empfehlen.
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Vorgeschlagen von B. Kiemerer [Profil]
veröffentlicht am 12. März 2004

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