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Peter Bender: Weltmacht Amerika: Das neue Rom

Weltmacht Amerika: Das neue Rom

von Peter Bender
Verlag: Klett-Cotta Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Politik
ISBN-13 978-3-608-96002-1

Preis: 1,78 Euro bei Amazon.de [Stand: 23. April 2024]
Die Kritik an der Politik der Vereinigten Staaten unter Präsident Bush hat in diesem Herbst zu zahlreichen Neuerscheinungen geführt, die inzwischen Regale füllen könnte. Lesenswert sind dabei insbesondere vier Neuerscheinungen: Joseph S. Nyes "Das Paradox der Macht", Charles Kupchans "Die europäische Herausforderung: Vom Ende der Vorherrschaft Amerikas", Benjamin Barbers "Imperium der Angst" sowie der hier anzuzeigende Titel des deutschen Historikers Peter Bender "Weltmacht Amerika. Das neue Rom". Bender vergleicht akribisch Gemeinsamkeiten und Unterschiede der heutigen Weltmacht USA mit der des antiken Rom, wobei sich laut Bender immer wieder die gleichen Fragen ergeben: Wie ergeht es einem Staat, der zwar nicht alles tun kann, dem aber kein anderer etwas antun kann? Zu welchen Versuchungen führt seine Beinahe-Allmacht, welche Verantwortung legt sie ihm auf? Worauf muß er sich stützen, um seine Sellung zu wahren? Auf Soldaten oder Finanzen, auf Drohung oder klugen Umgang mit Unterworfenen und Abhängigen, auf ökonomische Stärke oder kulturelle Vorbildlichkeit oder auf alles zugleich? Die Konstellationen, so Bender, seien immer anders, die Probleme jedoch, die sich im Umgang der Menschen miteinander stellten, unterschieden sich auch im Abstand von Jahrtausenden nicht.
Unterschiede und Ähnlichkeiten der römischen und der amerikanischen Machtstellung - wie auch das Verhältnis Amerikas zu Rom und der Antike werden akribisch herausgearbeitet. Dabei konstatiert Bender einen Bedeutungswandel. Während die amerikanischen Verfassungsväter sich die römische Republik zum Vorbild nahmen, so wird die Machtstellung der USA heute mehr und mehr mit dem römischen Imperium des Kaiserreiches verglichen. Detailliert zeichnet der Autor ein faszinierendes Bild amerikanischer und römischer Geschichte und stellt fest, dass beide Imperien, Rom wie auch die USA, eher widerwillig aus einer defensiven Grundhaltung heraus entstanden sind. Als Fazit hält Bender fest, dasss Amerika im Vergleich zu Rom lediglich die erste Stufe der Weltmacht erreicht habe: "Es kann gegen den Protest der halben Welt so ziemlich alles tun, was es will; auch Großstaaten sind außerstande, es zu hindern. Die zweite Stufe der Weltmacht, auf der Rom stand, bleibt für Amerika unerreichbar: Es kann nicht alle zwigen, zu tun, was es will. Ein Imperium wie das römische können die Vereinigten Staaten nicht schaffen." (S. 256). In Anlehnung an Zbigniew Brezinskis enorm wichtiges Werk: "Die einzige Weltmacht" (der Autor war Sicherheitsberater von Präsident Carter 1977-1981) zeigt Bender auf, dass Amerika nicht wie Rom nahezu 400 Jahre ohne Gegenmacht bleiben wird, sondern sich bald wichtigen weltpolitischen Rivalen, etwa der Volksrepublik China, stellen muss. "Diese Frist, darauf laufen Brzezinskis globalstrategische Überlegungen hinaus, müsse es nutzen, um überall auf der Welt seine Positionen zu festigen und am Ende aber nicht ein Empire zu scahffen, sondern eine "funktionierende Zusammenarbeit." Roms weltgeschichtliche Leistung habe in seinem Reich gelegen, das "zur politischen Hülle der griechischen Zivilisation und ihr Halt und ihre stütze nah außen wurde" (S. 263). Amerikas weltgeschichtliche Leistung, so Bender, könnte! gleicher Art sein. "In einer künftigen Welt, in der andere Kulturen sich gegen den "Westen behaupten, stärken und vordringen,, werden Amerikaner und Europäer genötigt sein, sich ihrer Verwandtschaft stärker bewußt zu werden und zusammenzurücken, auch wenn sie politisch oft uneins sind und sich in Stil und Lebensauffassung vielfach unterscheiden."

Diese Hoffnung am Ende scheint durch die gegenwärtige Differenz zwischen Europa und Amerika nicht in Erfüllung zu gehen. Charles Kupchan diagnostiziert in seinem oben genannten Werk sogar eine wachsende europäisch-amerikanische Rivalität. Kupchan befürchtet eine Spaltung des Westens in zwei Machtzentren, ähnlich wie Rom und Byzanz. Bender vermeidet solche Prognosen und beschränkt sich auf obige Hoffnung.
Das Buch ist sehr interessant zu lesen, da es historische Zusammenhänge sichtbar macht. Allerdngs bleibt es für mich stellenweise trotzdem unbefriedigend. Der Begriff des Imperiums wird nicht definiert, auch auf Hegemonietheorien der Politikwissenschaft nimmt der Historiker Bender nicht Bezug. Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler hat in der Frankfurter Rundschau vom 28. August 2003 untersucht, wie Imperien entstehen. Eine gekürzte Fassung dieses Aufsatzes findet sich im Heft: "Globalisierung" der "Informationen zur politischen Bildung" im Kapitel: "Deutsch-amerikanische Beziehungen". Aufgrund fehlender Definitionen ist Bender nicht in der Lage, die von ihm selbst gestellten Fragen, die ich oben zitiert habe, befriedigend zu beantworten. Wie wird sich die USA entwickeln? Wird sie denselben Weg nehmen wie Rom? Außerdem war Rom ein antiker Staat in einer antiken Welt; die USA leben in einer globalen Welt mit atomaren, biologischen und chemischen Waffen. Hier zeigen sich meines Erachtens durchaus Grenzen des Historikers.
Fazit
Als erste Anregung aber ein wichtiges Buch, welches sich, wie der "Spiegel" in seinem Buchmessen-Special zu recht konstatiert hat, "wohltuend vom zuweilen hysterischen Ton der amerikanischen Imperialismuskritik" abhebt, wie es etwa das Buch von Michael Mann: "Die ohnmächtige Supermacht" kennzeichnet. Insofern trotz obiger Einwände ein wichtiges Buch und fesselnd zu lesen.
7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne

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Vorgeschlagen von Bernhard Nowak [Profil]
veröffentlicht am 29. Dezember 2003

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