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Christian Krockow: Wilhelm II.

Wilhelm II.

von Christian Krockow
Verlag: Berlin Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Biografie
ISBN-13 978-3-442-76034-3

Preis: 1,99 Euro bei Amazon.de [Stand: 18. April 2024]
Christian Graf von Krockow hat sich mehrfach mit der deutschen Geschichte zwischen der Reichsgründung 1871 bis heute beschäftigt. Sein zweifellos bestes Werk ist das leider vergriffene "Die Deutschein in Ihrem Jahrhundert 1890-1990" (Rowohlt, 1990). Schon hier - wie in seinen späteren Werken, u.a. seiner Bismarck-Biographie von 1998 zeichnet Krockow ein zwiespältiges Bild des letzten Deutschen Kaisers. Einerseits sei er ein typischer, den Fortschritten in den Naturwissenschaften und Technik äußerst aufgeschlossener Mensch seiner Zeit und daher sehr populär gewesen. Andererseits zeichnen ihn - geprägt durch seine schwere Jugend - Unsicherheit und Antimodernität aus. Seine Taktlosigkeit, seine gedankenlosen, anstößigen Reden seien dadurch zu erklären. Krockow, der wie in jedem seinem Werk intensive Quellenstudien betreibt (wenn er sich auch in jedem seiner Bücher wiederholt und dieselben Quellen verwendet)gelingt es, ein faszinierendes Portrait seiner Epoche zu zeichnen. Allerdings halte ich das Portrait Wilhelms II. für zu positiv. Natürlich ist es richtig, dass er aus heutiger Sicht den "Sündenbock" für Entwicklungen darstellt, die er nicht alleine zu verantworten hatte. Dennoch - und dies kommt mir in seiner Biographie zu kurz - wird ja das Militaristische, dieses Zusammenspiel zwischen ostelbischen Junkern und Militär (vgl. etwa Winfried Loth: Das Kaiserreich) erst unter Wilhelm II. konstitutives Element des Staates. Unter dem - von Krockow zu recht sehr gelobten - Großvater Wilhelm I. gab es - da dieser Mann sehr bescheiden war - keinen auftrumpfenden preußischen Militarismus; auch unter Bismarck gab es diesen nicht - auch wenn Bismarck, wie Krockow völlig korrekt in seiner Bismarck-Biographie anmerkt, den Obrigkeitsstaat schuf, das Bürgertum von der Gestaltung im Staat ausschloss und seine Politik auf Angst (vor den "Roten") und Feindbildern aufbaute - diesen Militarismus gab es aber unter Wilhelm II. Nun wird dies zwar alles bei Krockow erwähnt - aber dennoch scheint mir - auch wenn es sich um das Wissen des heutigen Historikers handelt und um Entwicklungen, die damals so nicht vorausgesehen werden konnten - Krockow Wilhelm II. zu positiv zu sehen. Natürlich kann man Wilhelm II. 1913 als "Friedenskaiser" bezeichnen; die berühmte "Hunnenrede" und die "Krüger-Depesche" fanden aber schon vorher statt; was Krockow bei Bismarck (s.o.) zu recht bemängelt, sollte er Wilhelm II. nicht einfach "durchgehen" lassen. Fazit: Ich halte die Darstellungen des Kaiserreiches von Wilfried Loth (DTV, 2. Aufl, 1997) oder Volker Ullrich (Die nervöse Großmacht, 1997) für aussagekräftiger als diese Biographie; auch die Kriegsschuldfrage wird nicht eindeutig genug herausgearbeitet; Wilhelm II. war verantwortliches Staatsoberhaupt; die Arbeiten Fritz Fischers (Deutschlands Griff nach der Weltmacht; Krieg der Illusionen) haben doch nun eindeutig die gefährlichen Entwicklungen dokumentiert, die unter Wilhelm II. stattgefunden haben; natürlich werden diese auch von Krockow erwähnt und in allen seinen diesbezüglichen Schriften beschrieben; die trotz allem sehr positive Wertung Wilhelms II. erscheint mir aber gerade vor diesem Hintergrund doch sehr überzogen zu sein. Dennoch bietet Krockow ein interessantes Epochenbild und ich vergebe daher 4 Punkte für diese Biographie, auch wenn ich die Persönlichkeit Wilhelms II. sehr viel negativer einschätze. Als notwendige Ergänzung - gerade zur zu postiven Einschätzung Wilhelms II. sei von mir empfohlen: Geoff Eley: Wilhelminismus, Nationalismus, Faschismus: Zur historischen Kontinuität in Deutschland (insbesondere Kapitel 1.2: Die Sichto vom Thron: Das persönliche Regiment Wilhelms II.) (Münster 1996).
Fazit
Insgesamt trotz der obigen Kritik durchaus lesenswert.
6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne
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Vorgeschlagen von Bernhard Nowak [Profil]
veröffentlicht am 26. Oktober 2003

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