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Mark Z. Danielewski: Only Revolutions

Only Revolutions

von Mark Z. Danielewski
Verlag: Klett-Cotta Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-608-50123-0

Preis: 30,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 28. März 2024]
Poem-Zeitreise im prallen Lebensrausch

Wenn die Übersetzer das Buch beginnen (aus beiden Leserichtungen übrigens, die parallel zueinander gestaltet sind) mit einem Dank an die Möglichkeit des ungestörten Arbeitens im Wallis "und dadurch die Abgründe dieser an unsere Grenzen führenden Übersetzung mit köstlicher Bergluft imprägniert haben", dann deutet sich schon an, dass hier in Form und Stil ein Buch der ganz anderen Art vorliegt.
Ein Buch, bei dem jede Doppelseite aus vier Cantos zu je 90 Worten besteht, die "im Sinne des "de revolutionibus" eine je völlige Umdrehung des Kreises ergeben.

Ein Buch, bei dem der Verlag im Klappentext darauf hinweist, dass es sinnvoll ist, nach je 8 Seiten zwischen den beiden Perspektiven der Geschichten hin- und her zu wechseln. Ein Buch, dass allein vom Druck und von der Gestaltung her Aufwand vorzuweisen hat, um dem Inhalt in bestmöglicher Weise zu korrespondieren. Daher liest man das Buch von beiden Seiten, einerseits die Geschichte Sams, andererseits die Geschichte Haileys, zwei 16jährige amerikanischer Teenager, die mit dem Erwerb des Führerscheins durch Zeit und Raum, ewig 16jährig, reisen und eben Zeit und Raum erleben. Oder auch nur sich selbst, je nachdem, wie man es versteht. Eigentlich nur vier Monate lang, im Gesamten aber über (mindestens) 200 Jahre.

Natürlich auf je 360 Seite pro Person, auch wenn beide zusammen reisen. Wobei 16jährig letztlich nicht für ein ganz konkretes Alter steht, sondern in Amerika seit langem den Zeitpunkt individueller Freiheit beschreibt. Mit 16 gibt es den Führerschein, mit 16 darf man offiziell Sex haben, mit 16 ist jene Lebensphase gemeint, die endlich drauf los stürmen darf ------(und die in diesem Buch tatsächlich drauf los stürmt). Zu jeder Zeit, zu jedem Ereignis. Im entsprechenden Auto. Denn der Wagen, mit dem Hailey und Sam unterwegs sind, ändert sich, je nach Phase, in der die beiden unterwegs sind. Von 1863 bis 1963 (aus der Sicht von Sam) und von 1963 (nahtlos anschließend) bis 2005 reicht dabei der mitlaufende Text der "Ereignisse". Wobei das Buch über diesen Zeitraum hinausweist, aber das ist wieder eine andere Sache. Und wie das alles zusammenpasst mit der Liebe, der Freiheit, dem Roadtrip und der Sklaverei und Kennedys Ermordung und den vielen anderen Sachen, da ist doch der Leser äußerst gefordert in seinem Interpretationsvermögen.,

Klingt kompliziert. Ist es auch. Dieses ständige hin- und herwechseln samt Drehen des Buches, dieser Taumel durch die "großen" (und vielen kleinen) Ereignisse der Weltgeschichte im kleinen Auto und Binnenkosmos von Hailey und Sam. Die "äußere" Geschichte wird fortlaufend neben dem eigentlichen Text erläutert, das "Innenleben" in teils stark ausgereizter poetischer Form dargestellt.

"Und hier wird Ragtime geschoben. Das ist halt Großstadt. London, Kairo, Berlin, Kiew, Bagdad, Dublin, Tokio. Prost auf St. Louis. Weit weg. Nahe bei. Alles. Herrenlos..... "Hast Du einen Augenblick Zeit" schleicht Sam zu mir.... "Na klar, Süßer"..... "Komm her".... Küsst mich sanft auf die Wange......"

Lebensrausch im Vorbeifahren und je kurzem verweilen, Liebe, Sex und Freiheit, Assoziativ und Abgehackt, es braucht Nerven, sich auf dieses Kaleidoskop der ständigen Eindrücke und Verzahnungen einzulassen und entwickelt dann doch bei der Lektüre einen ganz eigenen Rhythmus, einen emotionalen Einblick in ein hervorströmendes Leben aus dem Augenblick heraus in den vielen Augenblicken der Jahrzehnte und Jahrhunderte. Einfach aus einer inneren Sicht alltäglicher Dinge auf dem Road Trip, die im ständigen Fluss der Gedanken sich darstellt

Ein großes Lob an die Übersetzer, das verbleibt vor allem nach der Lektüre im Raum, denn sich in diesem dichten Dickicht der Worte nicht zu verlieren, die Form der 90 Worte beizubehalten und den ständig assoziativen Hintergrund des Geschehens in einer anderen Sprache mitschwingen zu lassen, das ist eine große Leistung. Ebenso wie die absolut mitreißende und komplexe äußere Gestaltung des Buches, in dem jede Seite eine Vielzahl von Entdeckungen bereit hält. Nur, wie das so zusammengehört, da wird es eben eng im Kopf.....
Fazit
Ob das nun gefällt, ob sich der Leser an diese Form heranwagt, ob dieses überschäumende ständig vor sich hin Strebende ankommt, das ist vorher nicht einzuschätzen, da muss jeder Leser seine eigenen Erfahrungen mit machen.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne
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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 01. Juli 2012

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