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Udo Bermbach: Richard Wagner in Deutschland

Richard Wagner in Deutschland

von Udo Bermbach
Verlag: J.B. Metzler Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-476-01884-7

Preis: 39,95 Euro bei Amazon.de [Stand: 19. April 2024]
Zur Rezeptionsgeschichte Wagners

Der Untertitel des Buches gibt deutlich die Richtung dessen vor, was Bermbach im Buch darlegt: Rezeption und Verfälschungen. In gleiche Richtung gestaltet bietet sich auch das Titelbild dem Leser dar, der als antiker Gott fast anmutende Richard Wagner in Stein gemeißelt, eine Darstelljung, die ebenfalls natürlich einer ganz bestimmten, konkret nachweisbaren Sicht auf Wagner geschuldet ist. Einer Sicht, die nicht immer mit dem "wahren Wagner" in Einklang zu bringen ist, zumindest nicht in den vielfachen Differenzierungen auch in der Person des Komponisten.

In der fast unüberschaubaren Literatur zu Wagner (zu der sich jedes Jahr aufs Neue Band um Band hinzufügt) ist dieser Ansatz zumindest ein stückweit ungewöhnlich und macht neugierig auf Bermbachs Schlussfolgerungen, wieweit in der Rezeption von Person und Werk Wagner durchaus auch bewusste Verfälschungen sich ihren Weg gebahnt haben könnten.

Schon beim ersten Anlesen im Buch wird zum einen deutlich, wie akribisch Bermabch gearbeitet hat. Vielfache Quellen der Rezeption finden sich ausgewertet im Buch wieder (u.a. alle sechzig Jahrgänge der "Bayreuther Blätter") und zum zweiten wird ebenso deutlich, dass im Blick auf Wagner das Bild von Person und Werk sich durchaus im Lauf der Jahrzehnte immer wieder auch gewandelt hat, Wagner somit durchaus auch "passend gemacht" wurde für ästhetische Geschmäcker der Zeit, für weltanschauliche Haltungen, gerade im dritten Reich.

So ergibt sich nach der Lektüre des Buches ein stimmiges Bild zumindest im Ansatz Bermbachs, dass eben "die Landkarte seines Erbes und seiner Wirkungen noch voller weißer Flecken ist, die darauf warten, endlich eingefärbt zu werden".
Wobei Bermbach zwar durchaus erkennbar seinen Schwerpunkt in der Rezeption der politisch-ästhetischen Weltanschauung Wagners setzt, beileibe aber auf diesem Weg eine auch breitere Darstellung von Person und Werk Wagners nicht versäumt.

Vor allem aber die "Bayreuther Weltanschauung" als Hauptlinie der Rezeption ist es, um die Bermbach immer wieder kreist und zu der er bei allen Exkursen links und rechts wieder hin zurückkehrt. Eine politsch-ästhetische Sicht der Welt, die gerade nach dem Tode Wagners "in Fahrt" gekommen ist und über Jahrzehnte hinaus in weite Teile von Politik und Gesellschaft eingewirkt hat. Nicht nur in der unsäglichen Verbindungen zum "Führer", durchaus auch in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik (mit vielfacher Reibung an der "neuen Demokratie") ist dieser Einfluss fassbar zu spüren und wird von Bermbach sehr fundiert und verständlich aufgearbeitet und vor Augen geführt. Mit dem Ergebnis, das es durchaus nicht nur eine leichte Verfälschung Wagners ist, die "ihn und sein Erbe kontinuierlich dem konservativen, völkisch-nationalen, später dem rechten und rechtsradikalen Diskurs eingegliedert hat" und, hier vor allem, diese Eingliederung als "natürlich Folge seiner (Wagners) Absichten ausgegeben hat".

Ein gelungener Aspekt (unter vielen anderen) im Buch liegt mit darin, die linke, revolutionäre Vergangenheit Wagners wieder in den Blick zu rücken und deren Impulse im späteren Leben und Werk Wagners wieder aufzuspüren. Spannend und exemplarisch zu lesen, nicht nur unter diesem Aspekt, sondern für den gesamten Verlauf der Rezeptionsgeschichte, sind die Darlegungen Bermbachs zu den "Stationen der Ring-Deutungen" nach 1876. Das Hauptwerk Wagners und das Werk durchaus intensiver und feststellbarer Umdeutungen im Lauf der Jahrzehnte.
Fazit
Als Abschluss der dreibändigen, umfassenden Betrachtung Wagners durch Bermbach darf dieser Band als fundiert und gelungen bezeichnet werden und wirft einen breiten Blick auf die Rezeption Wagners in den Jahrzehnten nach seinem Tod, eine immer wieder gefärbte Rezension, die bei weitem nicht immer den inneren Anliegen Wagners nicht immer folgte, durchaus aber den Anliegen von "Bayreuth", den Erben.
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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 24. Februar 2012

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