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Christian Hacke: Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland: Von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder

Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland: Von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder

von Christian Hacke
Verlag: Econ Ullstein List Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Politik
ISBN-13 978-3-548-36391-2

Preis: 9,99 Euro bei Amazon.de [Stand: 24. April 2024]
Christian Hacke hat mit seiner Neuauflage des Buches "Weltmacht wider Willen?" zur Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland ein wichtiges und umfassendes Standardwerk vorgelegt. Die Neuausgabe 2003 unterscheidet sich von der Ausgabe von 1997 dadurch, dass die Kapitel über die Regierung Kohl/Kinkel überarbeitet und erweitert wurden. Außerdem wurde ein Kapitel über die Außenpolitik unter Schröder und Fischer hinzugefügt. Ein abschließendes Kapitel über Bilanz und Perspektiven deutscher Außenpolitik im 21. Jahrhundert - für mich das interessanteste Kapitel des ganzen Buches - schließt dieses fulminante Werk ab. Interessant für den Leser ist insbesondere die Bewertung der rot-grünen Außenpolitik durch Hacke, die er ja schon in der Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" (B48/2202 vom 2. Dezember 2002 und - negativer, was die Irak-Politik angeht - in der Ausgabe 24-25/2003 vom 10. Juni 2003 vorgelegt hat). Insbesondere den "deutschen Sonderweg" unterzieht Hacke sowohl in seinem Buch als auch in dem aktuelleren letzten Aufsatz einer beißenden Kritik. Durch die offene Konfrontation gegen die - auch von Hacke als gefährlich und unilateral eingeschätzte Politik George W. Bushs - habe Berlin an Einfluß verloren, statt gewonnen. Anstatt gemeinsam mit London und Paris und dann mit Moskau und Peking einen Ausweg über das UNO-Mandat mittels eines Ultimatums zu suchen, habe die Regierung Schröder/Fischer aus rein populistischen wahlkampfbedingten Gründen die deutsche Außenpolitik innenpolitisch instrumentalisiert und sich moralisch überlegen gegeben, ohne eigene alternative Vorschläge zur Lösung des Irak-Problems zu liefern (Zusammenfassung, S. 517). Fazit: Zu Beginn der zweiten Amtszeit der rot-grünen Bundesregierung läge eine "neue Schwere" über Deutschland - bleiernder als je zuvor. "Es hätte dieser Regierung gut angestanden, selbst mit anderen Mächten diese UNO-Resolution zu entwickeln. Damit wäre die UNO gestärkt worden. Statt dessen hat Deutschland sich isoliert, die UNO geschwächt und Saddam Hussein in seinem gefährlichen Tun durch kraftlose Nachgiebigkeit gestärkt. Die fatalen Folgekosten dieses Versagens werden die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik noch länger belasten, Deutschland noch mehr kosten und Deutschlands Ansehen noch länger beeinträchtigen, als es sich die Regierenden in Berlin heute vorstellen." (S. 520). Man mag mit dieser Analyse nicht übereinstimmen. Hacke ist allerdigs sehr belesen und temperamentvoll. Er gehört der konservativen neo-realistischen Schule in den Internationalen Beziehungen an, die nicht in der Gesellschaft, sondern in den traditionellen Interessen der Staaten die entscheidenden Instrumente der Außenpolitik sieht (so verehrt er nach eigenen Worten den amerikanischen Politikwissenschaftler John Herz, einen der Gründer der neorealistischen Schule). Demzufolge misst er Personen, hier den Bundeskanzlern und seinen Außenministern, entscheidende Bedeutung zu. Hacke hat einen beeindruckenden Anmerkungs- und Literaturapparat angehängt, der allerdings stärker konservative Positionen berücksichtigt. Linke, in der Tradition der "Zivilmacht Deutschlands" um den Tübinger Politikwissenschaftler Maull vertretene Positionen sind rar. Eine solide wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Positionen findet nicht statt, hier polemisiert Hacke. Gerade zur Regierung Fischer/Schröder hätte man sich die kritische Reflexion über wichtige und bahnbrechenden Publikationen - etwa vom Frankfurter Politikwissenschaftler Gunther Hellmann (genannt etwa seine "Rekonstrukton der "Hegemonie des Machtstaates Deutschland unter modernen Bedingungen") gewünscht. Publikationen, insbesondere aus den konservativen Zeitungen "Welt" und "FAZ" oder Abhandlungen, die mit der Auffassung des Autors konform gehen, wie etwa von Josef Janning: "Lange Wege, kurzer Sinn? Eine außenpolitische Bilanz von rot-grün in: "Internationale Politik, 57. Jg., September 2002) finden sich dagegen als Belege. Dies ist wirklich unwissenschaftlich, da einseitig.
Fazit
Insgesamt aber dennoch ein temperamentvolles und wichtiges Buch, welches zum Nachdenken anregt und - dies ist wichtig - leicht zu lesen ist. Es hebt sich daher wohltuend von Autoren ab, die meinen, mit zahlreichen Schachtelsätzen, gespickt mit Fremdwörtern, die teilweise Inhaltsleere ihrer Gedanken vermitteln zu müssen - und inhaltsleer ist Hackes verdienstvolles Werk in keinem Fall. Durch seine pointierten scharfen Thesen wird es die wissenschaftliche Debatte anregen und sicherlich ein Standardwerk werden. Daher trotz obiger Kritik 8 Punkte.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne
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Vorgeschlagen von Bernhard Nowak [Profil]
veröffentlicht am 21. Juni 2003

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