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Thomas Plischke: Die Zwerge von Amboss

Die Zwerge von Amboss

von Thomas Plischke
Verlag: Piper Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Fantasy
ISBN-13 978-3-492-26663-5

Preis: 14,90 Euro bei Amazon.de [Stand: 18. April 2024]
Die zerrissenen Reiche 1. Band

Der oberste Vorarbeiter des Zwergenbundes, Gorid Seher, hat Probleme. Er schmiedet in der Hauptstadt Zwerg die politische Zukunft und muss gleichzeitig Entscheidungen treffen, die ihm bei der bevorstehenden Wahl seinen Job kosten können. Er muss sich eingestehen, dass die Entwicklung des Zwergenreiches nicht so läuft, wie er es gewollt hat und der Halbling Awoho bestätigt ihm, dass man bereits vor fünf bis zehn Jahren einer kommenden Regression hätte entgegen wirken müssen. Die Zwerge im Bund sind unzufrieden, daher ist der Ausgang der anstehenden Wahl ungewiss. Für die eigenen Zwerge mangelt es an Arbeitsplätzen und mit diesem Mangel auch an Geld für die Arbeitslosen. Seit dem Zusammenschluss der bleichen Bergzwerge und den sonnengebräunten Seezwergen ging es den Zwergen immer gut. Von der Hauptstadt Zwerg, dessen Name den Zusammenschluss der Völker im Bund unterstreichen soll, gehen viele Einflüsse im Norden der Welt aus. Wissenschaft und Kultur, Philosophie und Erfindungen verteilen sich über den Bund. Die Einheit der Zwerge ist ein wichtiger Bestandteil der Kultur und Menschen, Halblinge und ähnliche sind nicht unbedingt gern gesehen. Vor allem weil die menschlichen Flüchtlinge den Einheimischen die Arbeitsplätze wegnehmen. Als Hilfsvölker und Diener kann man sie jedoch prima ausbeuten. Der Bund selbst entspricht einer Art Sozialismus. Alle Zwerge sind gleich, doch wer sich irgendwie hervorhebt durch besondere Leistungen, wird mit einem Bonus geehrt. Etwa wie Garep, der eine Kutsche sein eigen nennen kann. Gleichzeitig entwickelt sich das Land weiter. Die beiden Industriezweige mit der höchsten Entwicklung sind die Eisenbahn und die Waffenschmieden. Letztere werden gerade sehr stark nachgefragt. Während die beiden Wirtschaftszweige ihre Umsätze steigern, werden viele Zwerge arbeitslos und müssen sich mit den menschlichen Flüchtlingen um Jobs streiten. Die Menschen flohen vor den religiösen Gewalttätern, nur um im Reich der Zwerge auf rassistisch motivierte Abneigung zu stossen. Während die frustrierten Zwerge in den Menschen eine unliebsame Konkurrenz sehen, hat es das angenommene Brudervolk, die Halblinge einfacher. Langsam aber sicher übernahmen sie nicht nur als Diener des Staates die Verwaltung, sondern auch den Grossteil der Sicherheitsaufgaben. Man könnte natürlich auch von einer völkischen Unterwanderung sprechen, denn die Halblinge haben praktische den Bund unter ihrer Kontrolle.
Zur gleichen Zeit wird der Sucher, gleichbedeutend mit einem Ermittler, Garep Schmied, zu einem brutalen Mordfall gerufen. Da die Welt der Zwerge viel mit der Musikkultur verbunden ist, wirkt der Mord an Namul Trotz, einem begnadeten, aber sehr eigenbrötlerischen Komponisten besonders grausam. Man verdächtigt lange den namenlos bleibenden Haushälter einen Menschen von einer Insel aus dem Nordband. Er soll den Komponisten mit einer Flöte in den Rücken stechend, umgebracht haben. Allerdings stellt sich schnell heraus, dass auch der Mensch tot ist. Für den erfolgreichen Sucher Garep Schmied ergeben sich einige Ungereimtheiten, die sein Gehilfe Bugeg immer wieder verwirft. Garep ist ein guter und genauer Beobachter und ein Zwerg mit viel Zwergenkenntnis, die auch Halblinge, Menschen und andere mit einschliesst. Nach dem Tod seiner geliebten Frau Pinaki, die öfters in den Gesprächen zwischen Garep und Bugeg erwähnt wird, hatte sich der Sucher in die Arbeit gestürzt. Daraus folgernd konnte er Erfolge und damit verbundene Boni verbuchen. Es gibt viele Gründe, die den Mord verursachten, erkennt Garep. Mord aus Leidenschaft, weil Zwerg und Mensch ein Liebespaar waren? Oder ein rassistischer Hintergrund, wie ihn auch Bugeg, von seinen Vorurteilen verblendet, in Ansätzen zeigt, weil ein Mensch und ein Zwerg (wie abartig) miteinander Verkehr haben. Garep ist sich nicht sicher, was er von diesem Mord halten soll. Aber vielleicht ist der Mensch auch nur dem wahren Mörder hinterher gelaufen? Als jedoch ein weiterer Zwerg von einem Menschen umgebracht wird, quasi vor den Augen des Gesetzes, und danach Selbstmord begeht, wird Garep der Fall entzogen, was ihn nicht daran hindert, ihn auf eigene Faust weiter zu verfolgen. Und bald wird aus dem Sucher ein Gejagter. Hinter den Morden steckt mehr, als sich Garep ausmalte.
Wie üblich ist bei bekannten Opfern der politische Druck auf die Ermittler sehr gross. Garep steht unter Druck, einen Mörder, zumindest einen Verdächtigen, vorzuzeigen. Bugeg weist Garep jedoch daraufhin, dass der Mord an Trotz nicht der erste war und es sich im Bund bereits weitere Morde ähnlichem Zuschnitts ereigneten. Sucher Garep wird nach und nach in ein Ränkespiel verwickelt, deren Verantwortliche er nicht ausmachen kann.
Siris ist Mensch und von Beruf Bestienjäger und furchtlos im Land unterwegs, da für jedes erledigte Monstrum ein Kopfgeld ausgezahlt wird. Sein letzter Fall, der Angriff auf einen Greif, läuft nicht so gut ab, wie er sich es vorstellte, denn er erwischt ausgerechnet ein Weibchen, dass auf Futtersuche für seine Jungen ist. Minuten später erscheint auch noch das Männchen. Die einzige Waffe, die mächtig genug ist, ihm bei seinem Kampf zu helfen ist ein Gewehr aus Zwergenproduktion. Die Gewehre stammen aus der Stadt Amboss. Dort werden die besten Gewehre des Bundes hergestellt. Dafür benötigt man aber auch Patronen aus der gleichen Quelle. Die Ausfuhr ist offiziell verboten und so bleibt nur der Schmuggel. Es trifft sich gut für Siris, weil seine Schwester Sira, die im Zwergenbund lebt, einen Schmuggler als Freund und Liebhaber hat. Dieser soll in einer Kneipe auf Siris warten und ihm neue Patronen liefern. Jarun, der ehemalige Liebhaber wie sich schnell herausstellt, weigert sich Siris Patronen zu übergeben. Es kommt wie es kommen muss, es folgt ein gewalttätiger Streit, den Jarun nicht überlebt.
In dem von Siris geführten Tagebuch kann der Leser mehr über den Bestienjäger erfahren, wie auch über dessen Jagderfahrungen, mehr über die Welt und hier lebende Fauna. Auf der einen Seite möchte er das Tagebuch gern als Buch veröffentlichen und so als Schriftsteller erfolgreich sein, wie er es als Bestienjäger bereits ist. Auf der anderen Seite ist er jedoch auch gewalttätig, könnte als erfolgreicher Söldner arbeiten, wenn er bereit wäre, für Geld zu töten. Während er auf solchen Antrieb verzichtet ist er nicht sonderlich zimperlich, wenn es darum geht, die eigenen Ziele zu verfolgen. Was Jarun allerdings schmerzhaft in Erfahrung bringt.
Himek Steinbrecher ist nicht etwa im Bergbau tätig, sondern ein erfolgreicher Leiböffner. Man könnte auch Leichenbeschauer oder Chirurg dazu sagen. Je nachdem ob an toten oder lebendigen Wesen der Leib geöffnet wird. Er darf in einem Institut für Geisteskranke an Versuchen teilnehmen, die ihn ganz und gar nicht gefallen. Unter der Aussage seines Chefs Fejod Kolbner, die Versuche seien für den Zwergenbund wichtig, führt er seine Arbeit weiter. Innerlich steht er jedoch vor einer seelischen Zerreisprobe. Vor allem, als er sich für Patientin 23 mehr als notwendig interessiert. Die Experimente erfordern Opfer und auch Patientin 23 scheint kurz davor zu stehen, ebenfalls in diese Rolle gedrängt zu werden. Himek ist nicht unbedingt ein Held, er verhält sich auch nicht so. Er steckt in der Krise. Er würde sich gern anders verhalten, für mehr 'Menschlichkeit' seiner Patienten eintreten. Doch genau das kann er nicht. Seine Loyalität seinem Chef gegenüber steht ihm im Weg.
Fazit
Thomas Plischkes Roman ist eine Erzählung, die in die vorindustrielle Zeit der Menschen angesiedelt sein kann. Es gibt Gewehre und Eisenbahnen die für einen Fantasy-Roman eher ungewöhnlich sind. Das Ganze ist sehr vielschichtig aufgebaut und daher ein Buch, welches man nicht einfach mal so nebenbei liest. Wer sich ganz auf das Buch einlässt, wird es sicher nicht bereuen. Das Buch wimmelt vor Anspielungen. An Verschwörungstheorien, an Personen und Persönlichkeiten, Situationen und auch an Fernsehserien. Trotz all dieser versteckten Hinweise vergisst der Autor nicht, seine Geschichte zu erzählen. Für die Fantasy gibt es keine Schublade in der die Erzählung zur Klassifizierung gesteckt werden könnte. Wer meine Besprechungen kennt, weiss aber auch, dass ich das Schubladendenken ablehne. Ich schwanke ein wenig zwischen Thriller, Politkrimi, Fantasy, sozialkritischer Phantastik, unterhaltsamer Fantasy und anderem mehr. Wie dem auch sei. Die hohe Anzahl an Handlungsträgern in der Erzählung sind nicht platte Figuren, mit denen man schnell eine Geschichte erzählen will. Für mich wurde sehr schnell klar, die Erzählung um die zerrissenen Reiche hat hier einen Anfang genommen, der so schnell nicht erzählt ist. Der vorliegende Band enthält die 'Bücher' Amboss und Hammer. Manchmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, es sei gekürzt worden, wenn ja, wurde es sehr gut gemacht. Trotzdem würde ich gern wissen, was mir entgeht. Über die Entwicklung der Figuren hätte ich gern mehr gelesen. Manch eine der Figuren ist Geheimnisvoll aufgebaut wie die Patientin 23, andere sind die Ermittler, die mich ein wenig an Mike Hammer erinnern, dann gibt es wieder die entsprechenden spannende Szenen wie Verfolgungsjagden, oder die soziale Komponenten wie der bereits angesprochene Rassismus durch Bugeg, das Reich - Arm Gefälle, weil doch nicht alle Zwerge gleich sind. Allen Zwergen gemein ist jedoch ihre Sprache. Sie ist sehr an die Bergmannssprache angelehnt. Was in Bezug auf den Hintergrund der Zwerge im 'normalmenschlichen Verständnis' begründet liegt. Damit gibt es keinen Bruch zu den Märchen, in denen die Zwerge kleinwüchsige Bergarbeiter sind, man denke als bekanntestes Beispiel an die sieben Zwerge bei Schneewittchen. Das Buch lässt sich gut lesen und wurde fesselnd und lebhaft geschrieben. Zwar kann man sich mit den Handlungsträgern nicht unbedingt gleich stellen, aber man findet sich, egal bei welchem Handlungsstrang, immer mitten im Geschehen.
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Vorgeschlagen von erik schreiber [Profil]
veröffentlicht am 14. Januar 2009

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