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Thomas Brussig: Wie es leuchtet

Wie es leuchtet

von Thomas Brussig (Biografie)
Verlag: S. Fischer [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-10-009580-1

Preis: 2,19 Euro bei Amazon.de [Stand: 27. März 2024]
Im Sommer 1989, wenige Monate vor der Wende, kreuzen sich die Wege einiger DDR-Bürger. Auf den Spuren eines dubiosen Journalisten (West) und eines jungen Fotografen (Ost) treffen wir: Juristen, Fabrik-Direktoren, Hotelmanager, Musiker, Volkspolizisten und Regimekritiker. Die Physiotherapeutin Lena wird unfreiwillig zur Gallions-Figur der Wende und ahnt nicht, dass sie mit einem harmlosen Lied unbedarft in die Abgründe des westdeutschen Urheberrechts geraten wird. Lenas Arbeitsplatz im Gesundheitssystem des maroden Staates ist das Symbol für eine herunter gewirtschaftete Volkswirtschaft, die von Geschäften mit den harten West-Devisen des Klassenfeindes und Kopfgeld für ihre "freigekauften" Bürger lebte.
Carola Schreiter, Tochter des Fabrikleiters von VEB Sachsenring, brennt aus dem Ungarn-Urlaub mit einem westdeutschen Studenten durch und wird sich ewig ärgern, dass alle anderen nach der Wende einfach von West- nach Ostberlin fahren können. Ihr Vater trifft derweil den angeblichen Sohn des Vorstandsvorsitzenden des VW-Konzerns, der die wirtschaftliche Entwicklung im Osten sondieren will.
Staatsanwalt Lutz Neustein sieht ein, dass es besser für seine Karriere ist, keine Anklage gegen einen geschniegelten 19-jährigen zu erheben. Sollen sich doch die im Westen die Zunge verbrennen und entscheiden, ob sein Anfall von Größenwahn nach dem Jugendstrafrecht zu behandeln ist.
Am Tag, als mit dem System auch die Zensur abdankt, reicht Waldemar Bude, der kleine unrasierte Dichter, sein Manuskript ein und findet zensurtechnisches Niemandsland vor. Während Mauerspechte die letzten bemalten Betonsplitter des ehemaligen antifaschistischen Schutzwalls abtragen, zerstreuen sich Brussigs Protagonisten in alle Himmelsrichtungen, die der Pauschaltourismus für sie bereit hält.
Fazit
Brussig stellt die Wende als Puzzle grotesker, zufälliger Ereignisse vor. Er seziert spöttisch die Situation der Wichtigfühler, die rechtzeitig karrieretechnische Entscheidungen treffen wollten, um gegen alle Eventualitäten abgesichert zu sein. Und er entlarvt, wie ehemalige Worthülsen Ost durch ähnliche Leerformeln der Marke West ersetzt wurden. Seine Demaskierung der Naivität im "Tal der Ahnungslosen" wirkt aus der Perspektive des Jahres 2004 dagegen eher peinlich. Ein witziger, etwas zu langer Wenderoman.
7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 20. August 2006

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